Ab welchem Hörverlust CI

  • Hallo ihr lieben,

    Ich habe mal eher eine persönliche Frage, wer möchte kann mir dann auch eher eine PN schicken.

    Ab welchem Hörverlust habt ihr euch das CI einsetzen lassen?

    Ich selbst habe eine HG Verstärkung von 80dB und verstehe damit bei 65dB noch 30% Einsilber, bei 85dB verstehe ich jedoch 85%, also eigentlich noch recht gut, wenn es lauf genug ist.

    Im normalen Leben bekomme ich jedoch vieles nicht mehr mit, ich selbst merke es eingeschränkt, aber mein Umfeld merkt es extrem, weil ich oft Dinge falsch verstehe oder gar noch erst reagiere. Oft werde ich auch richtig sauer auf mich selbst, weil ich manche Dinge, egal wie oft sie zu mir gesagt werden einfach nicht verstehen kann.

    Ich überlege jetzt, macht im nächsten Schritt ein powerhörget noch Sinn oder ist das CO die richtige Wahl.

    Der Arzt im Kh sagte zu mir ich wäre ein Top Kandidat für ein CI.

    Ich danke euch im Voraus. :)

  • Das ist denke ich sehr schwer allgemein zu beantworten, da auch die Meinungen von Ärzten da sehr weit auseinander gehen können in Bezug auf CI-Indikation oder nicht.

    Ich hatte auf dem jetzt implantierten Ohr meine ich bei 65 dB noch 20% im Einsilbertest mit HG, aber mit viel Restgehör (nur halt nicht im sprachrelevanten Bereich). Mein Tiefpunkt lag zu dem Zeitpunkt auch bei 80-85 dB, Tieftonbereich nur leicht- bis mittelgradig SH und Hochtonbereich mittelgradig.

    Bei der ersten VU über ein halbes Jahr vor Implantation hatte ich noch zu viel Sprachverständnis (die Progredienz regelte das in der Zwischenzeit). Man ist aber auf meinen Wunsch eingegangen, da die Möglichkeiten das mit HG auszugleichen bereits ausgereizt waren (Recruitment), nachstellen der HG war nicht mehr möglich, da dann zu laut.

    Aber was Oberärztin 1 als Indikation sah, musste sie erst mit Chefarzt diskutieren, der dann zustimmte. Oberarzt 2 sah das ganze anders und ließ anstatt mich zu operieren weitere Tests machen. Danach ging das ganze nochmal zum Chef, der aber sein OK gab. Oberarzt 3, den ich vor der OP gesprochen hatte und Oberärztin 4 die mich operierte waren beide guter Dinge und sahen es durchaus positiv.

    Ich hatte meine Gründe für den Wunsch der frühzeitigen Implantation, mein anderes (besseres) Ohr ist ebenfalls von der Progredienz betroffen, und auch nicht sooo viel besser als das schlechte. Ich wollte nicht, dass wenn rechts operiert wird, ich mit links alleine mit HG nicht mehr klarkomme.

    Wenn man meinen Hochtonbereich ignoriert, dann war ich Vorzeige-Kandidat für EAS, welches ich auch bekomme.

    Oberarzt 2 hatte seine Gründe, nicht operieren zu wollen, ich weiß auch, dass ich mein Restgehör aufs Spiel gesetzt habe. Im Endeffekt habe ich aber so gut wie nichts davon eingebüßt.

    Ich bereue es nicht, bin mir aber bewusst, dass man noch nicht hätte operieren müssen. Ich bin froh, es jetzt gemacht zu haben. Andere möchten lieber so lange wie möglich warten.

  • Nach meiner Kenntnis wird in Hannover das CI empfohlen, wenn beim Einsilbertest (für jedes Ohr einzeln) mit HG weniger als 40% Sprachverständnis rauskommen. Bei mir waren es mit HG 35%, jetzt mit CI >75%.

    Hochtonschwerhörigkeit/Hochtontaubheit von Kindheit an.

    Rechts: CI622 seit 12/2019, Nucleus 7

    Links: 65% Sprachverstehen mit HG (seit 2020 Oticon Exceed)

  • Im normalen Leben bekomme ich jedoch vieles nicht mehr mit, ich selbst merke es eingeschränkt, aber mein Umfeld merkt es extrem, weil ich oft Dinge falsch verstehe

    Wenn dieser Leidensdruck im Alltag überwiegt, ist man reif fürs CI. So war es auch bei mir und sicher bei vielen anderen hier ...

    Man kann einfach die mitunter sehr lauten Umgebungen im Alltag nicht mit Messergebnissen aus den „schalldichten“ Messräumen der HNO-Ambulanzen und Akustiker nicht vergleichen. Derlei Messungen sind jedoch für die Dokumentation vom in der Regel schleichenden Niedergang des eigenen Gehörs wichtig

  • Eigentlich ganz einfach: solange man das so akzeptiert, wie es ist, und gefühlt recht gut klar kommt - egal, was das Umfeld sagt (auch wenn man selbst merkt, und weiß, daß die Recht haben) - würde ich mich nicht operieren lassen!

    Erst, wenn der eigene Leidensdruck zu groß wird, würde ich den nächsten Schritt gehen.


    Wieso?

    Ganz einfach: mit einem CI fängt man quasi bei Null an, wenn man Pech hat, hört man anfangs sogar nur Klingeln, Tuten, oder was auch immer, also alles was an Stimmen, Sprache, Geräusche kommt, wird in dieses Geräusch umgewandelt.

    Da heißt es eben, daß man dann einfach am Ball bleiben muß. Das SP täglich tragen und alles auf sich einwirken lassen, keine große Erwartungen haben und warten, bis aus den Getute ganz langsam, oft auch nur leise sich in das wandelt, was eigentlich an richtigen Geräuschen produziert wurde.

    Man ist einfach eher bereit, zu üben, geduldig zu warten, wenn man zu 100% hinter der OP steht.

    Ist man das nicht, so wird jede "Niederlage" gefühlt zu einem unüberwindbaren Hindernis, und man hat dann keinen Bock mehr, weiter zu üben.

    Schönen Gruß

    Sheltie

    schon als Kind Hörgeräteträger, bis zum Hörsturz 2005
    rechts: CI422(SRA), N6, Okt 2015

    links: CI522, N6, Nov 2017

    Meine Story: Das Sheltie hat nun auch ein eOhr

  • Also Leidensdruck habe ich jetzt eigentlich nicht. Man fügt sich seinem Schicksal. Aber ich merke schon wie ich mich selbst immer mehr zurück ziehe und es vermeide Gespräche in bestimmten Situationen zu führen.

    Ich werde mir noch eine Meinung eines zweiten Arztes einholen. Früher oder später werde ich es allerdings machen lassen.

  • Hallo Nicki,

    der Rückzug erzeugt doch Leidensdruck. Wenn man nach drei Mal fragen noch immer nicht verstanden hat, hat man doch keine Lust mehr und zieht sich zurück. Also ich fand und finde das hochgradig frustrierend. Ich bedaure beispielsweise sehr, dass ich als Jugendliche kein CI hatte. Als ich vor 30 Jahren Jugendliche war, implantierte man nur bei absolut Null Sprachverstehen.

    Ich wurde bereits vor über 20 Jahren implantiert. Das implantierte Ohr war ca. ein Jahr vorher ertaubt und auf dem anderen Ohr hatte ich mit Hörgerät 30 bis 40 Prozent EInsilber bei sehr schlechten Tonaudiogramm. Das CI war eine große Verbesserung des Hörvermögens. Nach einem halben Jahr hatte das CI-Ohr das Ohr mit dem Hörgerät überholt. Ich würde nicht empfehlen, länger mit dem Ci zu warten.

  • Also Leidensdruck habe ich jetzt eigentlich nicht. Man fügt sich seinem Schicksal. Aber ich merke schon wie ich mich selbst immer mehr zurück ziehe und es vermeide Gespräche in bestimmten Situationen zu führen.

    Ich werde mir noch eine Meinung eines zweiten Arztes einholen.

    Kein Leidensdruck, wenn man sich schon zurückzieht? Mein Hörverlust lag bei ca. 50-55 dB. Man sollte meinen, dass man das mit einem Horgerät in den Griff bekommen kann. Konnte man aber nicht. Das Sprachverständnis war bescheiden. Von 20 Worten habe ich zwei erkannt, und das mit Horgerät. Ich hatte die Nase voll und habe selber auf die Untersuchungen zu einem CI gedrängt. Was soll dir ein zweiter Arzt erzählen? Entweder die Situation wie sie ist nervt dich, oder sie tut es nicht. Du allein bestimmst den Zeitpunkt einer Implantation, wenn du denn ein Kandidat bist. Ich wurde aber nicht Zuviel Zeit verplempern.

    Advanced Bionics HiRes Ultra 3D am 01.09.2022 implantiert.

    EA: erfolgt am 29.09.2022

    Seit 03.2024 HG Links: Phonak Naida Link

  • Die zweite Meinung unter Umständen deshalb, um es besser akzeptieren zu können.

    Ich verstehe was du meinst. Aber ein Arzt wird dir die Entscheidung auch nicht einfacher machen, denn Kriterien wie Leidensdruck kennt der nur, wenn er selber ein CI trägt. Ansonsten ziehen nur nackte, medizinische Fakten. Und die weichen manchmal vom persönlichen Empfinden ab. Das wollte ich damit sagen.

    Advanced Bionics HiRes Ultra 3D am 01.09.2022 implantiert.

    EA: erfolgt am 29.09.2022

    Seit 03.2024 HG Links: Phonak Naida Link

  • Mir Persönlich bleibt eigentlich keine Alternative als das CI. Selbst die Powerhörgeräte die ich 6 Wochen zum Testen hatte,haben keinerlei Verbesserung gebracht. Nach meinem Hörsturz hör ich vom Gefühl her nur noch hohe Töne und die dann auch Teilweise verzerrt.

    Irgendwie hab ich mir auch immer eingeredet das es ja reichen würde wenn das andere Ohr mit HG noch ausreichend hört.

    Aber ganz ehrlich? Ich eier jetzt auch schon 2 Jahre damit rum und konnte mich Anfang des Jahres mit dem Gedanken anfreunden CI Träger zu werden.

    Ich hoffe das es dann nach dem Sommer soweit ist.

  • Deutsches Ärzteblatt: "Als Grenze für die CI-Indikation gilt heute eine gemittelte Hörschwelle (HL) von > 70 dB HL (10, 11), da sich ab dieser Hörschwelle durch eine Versorgung mit konventionellen Hörgeräten in der Regel kein ausreichendes Sprachverstehen mehr erzielen lässt."

  • Wobei es bei den postlingual Ertaubten oder stark Schwerhörigen nicht auf die Hörschwelle ankommt, sondern auf das Sprachverstehen.

    "Bei Kindern beziehungsweise Jugendlichen und Erwachsenen mit einer postlingual erworbenen Schwerhörigkeit spielt für die Indikationsstellung die Beurteilung des maximalen Sprachverstehens in Ruhe bei 65 dB Schalldruck (SPL), dem Schallpegel normaler Umgangssprache entsprechend, die zentrale Rolle. In Deutschland wird hierfür die Freiburger Sprachmetrie als Standardtestverfahren verwendet. Bei Anwendung im Freifeld wird seitengetrennt das Verstehen einsilbiger Wörter unter optimaler Hörgeräteversorgung evaluiert. Als Indikationsgrenze für eine Cochlea-Implantation gilt eine Einsilberdiskrimination mit optimaler Hörgeräteversorgung in Ruhe von maximal 60 % (7, 8). Als Faustregel gilt: Wenn der Patient mit seinem Hörgerät nicht mehr telefonieren kann, ist eine Überprüfung der CI-Indikation angezeigt" .

    Einmal editiert, zuletzt von Rosi (19. April 2023 um 19:59)

  • Natürlich ist das kein Gesetz... das ist ja eine sehr persönliche und damit auch sehr subjektive Entscheidung. Kinder - insbesondere vor dem Spracherwerb - sind da auch nochmal was anderes als Erwachsene, die ihre eigene Lage selbst besser einschätzen können und am Ende für ihre Entscheidung auch selbst verantwortlich sind.

    Daher ist das im Ärzteblatt auch nur eine Indikation, ein erster grober Richtwert. Dem darf und sollte man natürlich seine eigene Einschätzung als auch andere Tests daneben stellen. Aber wenn ich persönlich mit Hörgeräte vieles nicht mehr oder nur im wiederholten Anlauf verstehe, dann wäre das CI für mich der nächste logische Schritt.

    Natürlich gehe ich da nicht aus der Erstanpassung raus und verstehe besser als zuvor mit dem Hörgerät. Aber es gibt eine relativ große Wahrscheinlichkeit (keine Garantie!!!), dass es mittel- bis langfristig besser sein wird. Und das ist doch, was zählt.

  • Im Ärzteblatt werden unterschiedliche Indikationen je nach Patientengruppe benannt.

    Die Hörschwelle für Kinder, und das Sprachverstehen für postlingual erworbene Hörschädigung.

    Die Fragestellerin gehört zur letzteren Gruppe, daher ist die Indikation da nicht an der Hörschwelle

    orientiert. Mein Zitat stammt aus derselben Quelle, dem Ärzteblatt.

  • Ich danke euch jedenfalls für euer Statement. Sicher ist es immer persönliches Empfinden. Aber mir hilft es das ganze Bett einzuschätzen, dass es nun doch schon zornig schlecht ist. Mein Umfeld bemerkt das schon sehr und sie haben sich sehr für mich gefreut, dass das CI für mich eine Option ist.