Änderung der Versorgungsmedizinverordnung

  • Ich würde den Politikern, die das am runden Tisch entscheiden mal einen Tag wünschen, indem sie taub oder hochgradig schwerhörig durch die Gegend laufen müssen.

    Am runden Tisch hören alle gut, aber unters Volk sind eh alle Politiker schon taub und hören nur noch das eigene Zeug.
    Gruß Norbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
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    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Wie wahr Norbert^^ Stimme dir leider zu.
    Wie kann man unseren Politikern auch nur so was schlimmes wünschen, sei es auch nur für 1 Stunde ;) Das könnte ja unter Umständen das eigene Politik-Weltbild in Frage stellen. Obwohl... eigentlich sollten unsere Politiker ja unsere Standpunkte vertreten und durchsetzen....oder doch eher einiger Lobbyisten ??? Aber die Realität sieht zumindest in vielen Bereichen anders aus.

    Gruß Matthias

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    Links: OP 07/2014 - MedEl Concerto - EA: 08/2015 - Med-El Opus 2 / ab 11/2014 Sonnet
    Rechts: OP 05/2015 - MedEl Synchrony/Flex Soft - EA: 06/2015 - MedEl Sonnet

  • Die BAG Selbsthilfe fragt in ihrer Stellungnahme (Anhang) explizit nach, was das zukünftig für uns bedeutet:

    Zitat


    b) Hörbehinderung

    Wird in Punkt 1.2 der Verordnung ausgeführt, dass auf Funktionsbeeinträchtigungen abzustellen sei, die sich unter Einsatz von Hilfsmitteln und Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens ergibt, dann stellt sich die Frage, wie dies im Hinblick auf einen Menschen mit Cochlea-Implantat oder Hörgerät zu verstehen ist.

  • Die BAG Selbsthilfe fragt in ihrer Stellungnahme (Anhang) explizit nach, was das zukünftig für uns bedeutet:

    Hallo,

    habe die Stellungnahme der BAG Selbsthilfe durchgelesen und freue mich,
    dass anscheinend alle großen Verbände auf den Referentenentwurf
    reagieren. Mein Fazit ist: wir können nur hoffen das der Entwurf im
    Bundestag nicht durchgewunken wird! Es hat bisher kein Entwurf
    oder neues Gesetz in seiner Ursprungsform den Bundestag passiert. :)

    LG Ulrich

    links: taub, OP 15.09.14, EA: 16.10.14 Med El- Sonnet
    rechts: HG, seit Dez. 15 auch rechts taub

  • Es wird nie so heiß gegessen, wie gekocht wird.
    Wenn das wirklich so käme, wie befürchtet, dann müssten alle beinamputierten mit Prothesen versorgte Dachdecker auch wieder mit aufs Dach- da ihre Behinderung durch die super moderne Prothese auch ausgeglichen wäre.
    Ja, mein Lieblingsvergleich  :D

    rechts: CI seit Sept. 2013, danach Opus 2XS (sehr gern)+ Rondo (weniger gern). Seit 7.07.2020 Sonnet 2.
    links: Schwerhörigkeit bei Otosklerose, HG von Phonak

  • Hallo zusammen,

    da ich inzwischen beidseitig mit CI versorgt bin und das Restgehör inzwischen weiter minimiert ist, so dass ich medizinisch gesehen zu 100% taub bin, habe ich einen Verschlimmerungsantrag gestellt und schlussendlich nach Klageerhebung (VA Stuttgart!!!) dafür GdB 80 + Merkzeichen GL bekommen. Allerdings wird die Verwaltung zum Ende 2018 einen Nachprüfungstermin anordnen wegen "möglicher Rechtsänderungen".

    Wenn medizinisch gesehen, keine Änderung oder Verbesserung des Zustandes mehr zu erwarten ist, wird gewöhnlich der Ausweis "unbefristet" ausgestellt. Allerdings kann die Verwaltung trotzdem trotz Unbefristung jederzeit z.B. wegen Rechtsänderungen nachträglich eine Nachprüfung anordnen!

    Man muss deutlich machen, dass gerade der Freiburger Einsilber od. Oldenburger Satztest nicht objektiv das Verstehen im Alltag abbilden! Ich beobachte schon im Umfeld, dass trotz Superwerte von >= 90% Einsilber im Störlärm oder auf Entfernung grösste Probleme haben zu verstehen, aber andersherum andere mit z.B. ~70% Einsilber problemlos auch in einem Restaurant oder einer Kneipe sich unterhalten können... Soviel zur Aussagekraft der Testverfahren.
    Selbst die Entwickler tappen offensichtlich in die Falle, optimieren die neuen Prozessoren auf Bestwerte im Labor - Aber in der Praxis, z.B. im Alltag draussen auf Strasse, Feld u. Wiese fällt der SP dann komplett durch...

    Es gibt bisher keine ausreichend objektiven Testverfahren, die nach den neuen, geplanten Kriterien, den Betroffenen gerecht werden!

    Wir müssen da aufpassen, dass da kein Murks schlussendlich beschlossen wird!

    Gruss, JH.

    OP 20.10.2011 rechts, Med-El Concerto/FlexSoft/Opus2 XS, EA 24.11.2011
    OP 18.02.2013 links, Med-El Concerto/Flex28/Opus2 XS, EA 25.03.2013
    http://weakearsingermany.blogspot.com/

    Einmal editiert, zuletzt von jh (11. Juni 2015 um 01:00)

  • Ja, die Labortests suggerieren in der Tendenz Ergebnisse, die im Alltag so nicht erreicht werden. Wobei bei mir schon meistens die Formel gilt, je besser der Labortest, desto besser auch das Verstehen im Alltag.

    Als Niedersachse habe ich erst im Februar dieses Jahres beim Landesamt (früher Versorgungsamt) das zusätzliche Merkzeichen GL für Gehörlos per E-Mail beantragt. Ich hatte darin gleich meinen HNO-Arzt benannt, der im Januar einen Hörtest ohne meine beiden CIs machte, das Ergebbnis war glasklar: taub in allen relevaten Frequenzen. Das Landesamt hat meinen Antrag ein paar Wochen später nach Einholung der Daten vom HNO-Arzt anstandslos bewilligt. Aus dem beigefügten Merkblatt konnte ich ersehen, dass ich wegen der Kombination GL + BL als Taubblinder zusätzliche finanzielle Mittel bekommen kann, diese Passage hat die Sachbearbeiterin sogar selbst entsprechend gekennzeichnet. Im nachhinein wurmt es mich schon, dsa GL nicht früher beantragt zu haben.

    P.S.: Mein SB-Ausweis wurde neu ausgestellt und ist wie der alte unbefristet und mit SB-Grad von 100 %.

    *1964, re. seit 10/2006 u. li. seit 12/2007 CI (2x Harmony), OP-Klinik MHH
    OP-Folgen: Nackensteife, Tinni, später max. Armschmerzen (9-10 auf VAS-Skala) u. Daumen/-gelenk taub (alles li.), Störschallverstehen verschlechtert. Reimplantation li. 09/2011

  • Mal auf die Gefahr drauf hin mich komplett unbeliebt zu machen: :whistling:

    Wenn es um eine Entscheidung FÜR ein CI (und vor allem um die Kostenübernahme) geht, argumentiert man gegenüber der Krankenkasse, dass ein CI die Teilhabe am Leben ermöglicht, einem im Alltag die Schwerhörigkeit/Taubheit dadurch weniger behindert.

    Nun kann man doch nicht zum Versorgungsamt gehen und sagen, dass man mit CI genauso stark behindert ist, wie ohne (das ist der ist-Zustand: Werte aus Messung OHNE CI maßgeblich für die Bestimmung des GdB). Dann stellt sich doch zwangsläufig die Frage, warum die Allgemeinheit mir die dreißigtausend-Euro-OP finanziert hat, wenn es mir keinen Gewinn bringt.

    Daher ist der Ansatz, den GdB anhand eines Sprachaudiogrammes MIT Hörhilfen zu bestimmen, für mich prinzipiell tatsächlich sinnvoll. Nun gilt es doch eigentlich "nur", gute Tests zu entwickeln und evtl. die Staffelung für den GdB anzupassen (beispielsweise generell 10% höherer GdB bei Benutzung von Hörhilfen, da die im Störschall immer Nachteilig sein werden).

    Derzeit bekommen Ertaubte einen GdB von 80%, bei fehlender Lautsprache 100%. Einen CI-Träger mit erfolgreicher Anpassung nun prinzipiell denen Gleichzustellen, bei denen eine CI- oder andere Versorgung nicht möglich ist, sie deshalb tatsächlich komplett taub sind, empfinde ich als unfair. Und ja, ich arbeite auch gerne 5 Jahre länger.

    So, nun steinigt mich :pinch:

    Nach 25 Jahren normalhörend und steiler Karriere in die Schwerhörigkeit nun Borg.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich finde es wichtig, dass man die nötigen Hilfen bekommt, die man benötigt.
    Trotz gut angepasster CI benötige ich für englischsprachige Konferenzen und Telefonkonferenzen usw. einfach einen Schriftdolmetscher.
    Dieses bekomme ich jedoch nur, wenn ich das Merkzeichen GL habe.

    Kurzum: der GdB ist weniger wichtig, vielmehr sind es die Merkzeichen. Und hier sind wir -- je nach Kontext -- durchaus auch nicht besser gestellt als Personen, bei denen ein CI nihct möglich ist, die primär in Gebärdensprache kommunizieren und entsprechend ihr Leben darauf ausgerichtet haben. Oftmals sind diese -- je nachdem -- sogar wesentlich weniger gehandicapt als jemand, der zwar in der schalldichten Kabine gut hört, aber bei Störgeräuschen (die im Alltag fast überall sind) kaum etwas versteht.

    Grüße,
    Miriam

  • Mal wieder, ich kann hier nicht zitieren :(
    Also:


    jh du schriebst: "Ich beobachte schon im Umfeld, dass trotz Superwerte von >= 90% Einsilber im Störlärm oder auf Entfernung grösste Probleme haben zu verstehen, aber andersherum andere mit z.B. ~70% Einsilber problemlos auch in einem Restaurant oder einer Kneipe sich unterhalten können... Soviel zur Aussagekraft der Testverfahren."


    Sprache verstehen heisst auch kombinieren, weil auch "normalhörende" nicht immer alles, was sie hören, Silbe für Silbe verstehen. Unser Gehirn kann aber wunderbar kombinieren, Anfang oder Ende des Wortes dazu dichten. Ist bei jedem anders, der eine kann es besser, der andere schlechter.
    Es gibt eine Hörübung, in der grammatikalische Fehler eingebaut sind, da kann der Audiotherapeut besonders gut beobachten, was derjenige hören will  ;)

    rechts: CI seit Sept. 2013, danach Opus 2XS (sehr gern)+ Rondo (weniger gern). Seit 7.07.2020 Sonnet 2.
    links: Schwerhörigkeit bei Otosklerose, HG von Phonak

  • Daher ist der Ansatz, den GdB anhand eines Sprachaudiogrammes MIT Hörhilfen zu bestimmen, für mich prinzipiell tatsächlich sinnvoll. Nun gilt es doch eigentlich "nur", gute Tests zu entwickeln und evtl. die Staffelung für den GdB anzupassen (beispielsweise generell 10% höherer GdB bei Benutzung von Hörhilfen, da die im Störschall immer Nachteilig sein werden).


    Hallo Frida,

    es gibt im berufliche Alltag viele Situationen wo es notwendig ist 100 % zu verstehen damit keine Missverständnisse aufkommen.
    Da nützt es wenig wenn man nur 80 % versteht und sich den Rest selbst und womöglich falsch dazu reimt.

    Man wird auch mit dem besten CI und er besten Einstellung im berufliche Alltag in vielen Situationen extrem behindert sein, wenn die Umgebung hier keine Rücksicht darauf nimmt.
    Zwischen normal hören und CI hören liege Welten was das Verstehen in schwierigen Situationen angeht.
    Ich würde mal sagen, dass wir uns, verglichen mit HD-Fernsehen gerade auf der Schwelle befinden als die Bilder laufen lernten.

    Wenn eine gebehinderte Peron mit einem Rollator auf einem Flur einer Klinik eigenständig laufen kann, heißt das noch lange nicht, dass diese Person mit dem Rollator in jedem noch so unwegsamen Gelände laufen kann. Da reicht schon eine Treppe oder eine leichtes Gefälle und schon ist es vorbei mit dem eigenständigen Laufen.
    Das gleiche gilt hier bei den Hörtest unter Laborbedingungen. Hier gibt es nicht den geringsten Bezug zum berufliche Alltag.
    Oder wird hier bewertet wie gut man einen Nuscheler am Telefon versteht, wenn die drei anderen Kollegen im Büro auch noch gleichzeitig telefonieren oder lauthals über einen Witz lachen?

    Gruß
    Schera

  • frieda: am GdB oder auch am Merkzeichen GL hängen bestimmte Hilfsmittel und/oder Hilfen (z.B. Schriftdolmetscher, Arbeitsassistenz, Telefonanlage, ...), die je nach Fall das Arbeitsamt, Integrationsamt oder andere Stellen stellen! Würde es allein nach der Hörkurve gehen, würden CI-Träger fast als normalhörend deklariert, dem ist aber nicht so! Das Hören kann auch schwanken, die Technik kann ausfallen, zeitweise muss man leiser drehen, weil man temporär Reizungen hat z.B. wegen Entzündungen od. Medikamenten, versteht dann schlechter... Solche Testverfahren, die korrekt die Hörfähigkeit von CI-Trägern im Alltag bewerten würden, müssen erst entwickelt werden. Ich meine, dass wird sehr schwer, wenn nicht unmöglich!

    Lucy: ja, kommt auch auf die Kombinationsfähigkeit an mit intensivem Hörtraining dazu! Ich selbst höre mir immer wieder Musik an, die Instrumente sind der "Störlärm", und versuche die Singstimmen zu verstehen! Das klappt immer besser! (Ein Wunder für mich! Was ich früher nie konnte) Und so versteht man auch dann im lauten Umfeld die Leute besser... ;)

    Wir müssen eben aufpassen, was die Konsequenzen einer solchen Systemänderung sind!

  • Ich habe nicht gesagt, dass CI-Träger Normalhörenden ebenbürtig sind! Natürlich liegen dazwischen Welten! Aber sie sind eben auch nicht taub, das ist ein großer Unterschied.

    Was die Hilfen im Beruf angeht, gehe ich mit. Dennoch wäre hier der richtige Ansatz, die Genehmigung von Hilfen nicht nur am Merkzeichen Gl festzumachen, sondern allen Hörgeschädigten diese Möglichkeit zu geben, halt je nach Bedürfnissen. HIERFÜR sollte man kämpfen

    Ein Tauber benötigt für jede Besprechung, für jeden Gang zum Arzt einen Gebärdendolmetscher. Einen erfolgreich CI-Versorgten den Tauben gleichzustellen, ist da fast schon makaber.

    Und nochmal: Welche Rechtfertigung bitte hat die Gewährung von Hörhilfen, wenn sie die Behinderung nicht abmildert?

    Nach 25 Jahren normalhörend und steiler Karriere in die Schwerhörigkeit nun Borg.

  • HG oder CI mildern die Behinderung ab, mehr oder weniger, manchmal gar nicht! Das lässt sich vor der Maßnahme nicht vorhersagen! Und trotz CI od. HG, nur mal auf den Beruf bezogen, kann es sein, wie andere hier schon beschrieben, dass es nicht ausreicht, um arbeiten zu können. Einfachstes Beispiel: Telefonieren! Womöglich auch in einer Fremdsprache, mit Störlärm ringsherum oder auf der Gegenseite beim Gesprächsteilnehmer...

  • Ein Tauber benötigt für jede Besprechung, für jeden Gang zum Arzt einen Gebärdendolmetscher. Einen erfolgreich CI-Versorgten den Tauben gleichzustellen, ist da fast schon makaber.


    Hallo Frida,

    ich weis ja nicht als was Du arbeitest, aber es gibt berufliche Situationen in denen ich als erfolgreich CI-Implantierter genauso wenig verstehe als ein Gehörloser verstehen würde.
    Morgen haben wir wieder eine Betriebsversammlung mit ca. 200 Leuten. Die Fragen der Mitarbeiter aus den Ränge habe ich hierbei noch nie verstehen können.

    Soll ich dann zu jedem Fragesteller sagen, warte mal ich bringe dir ein FM-Mikrofon vorbei?
    Unter den Mitarbeiter ist auch ein Gehörloser und dieser bekommt einen Gebärdendolmetscher zur Verfügung gestellt und versteht dann diese Fragen!
    Bin ich dann mit CI im Vorteil?

    Auch mit CI verstehe ich nicht jeden Arzt zu 100 %, was aber notwendig ist wenn es um eine Diagnose, Therapieplan usw. geht.

    Gruß
    Schera

  • Richtig, Schera. Als CI-Träger benötigt man nicht für jede Situation eine Hilfe, anders als Gehörlose. Man muss als CI-Träger weniger Hilfe in Anspruch nehmen, aber sich im Fall der Fälle Hilfe holen können! Das hängt in unserem System alles am GdB und den Merkzeichen! Darum geht es.

  • Ich finde Friedas Gedankengang interessant, nicht weil ich ihn teile, sondern weil wer uns veranlasst, nachvollziehbare Argumente zu finden. Nehmen wir z.B. Gehörlose - die, und damit möchte ich niemandem zu nahe treten - von sich behaupten, nicht behindert zu sein und untereinander prima kommunizieren zu können. Letzteres ist nicht von der Hand zu weisen. Das können sie. Und es gibt eine Reihe von Berufen, in denen Kommunikation eine weniger tragende Rolle spielt.
    Da CI ist eine Prothese, die z.B. der permanenten Energiezufuhr bedarf. Keine Energie - kein Hören. Der Mensch ist und bleibt taub, ein kleiner Defekt, z.B. am Spulenkabel kann einen CI unversehens aus der Kommunikation katapultieren.
    Der Kosten-Nutzen-Vergleich, den Frieda anführt sollte mal genauer bedacht werden. Die CI-Versorgung ist gesetzlich geregelt, die Krankenkasse übernimmt die Kosten, genauso wie sie die Kosten für Entbindungen übernimmt (in manchen Ländern gelten diese als "Privatvergnügen") und auch für OPs bei Menschen, deren Lebenserwartung an 10 Fingern abzuzählen ist. Das ist so. Also muss ich nicht besonders "brav und dankbar" sein, dass die KK mein CI bezahlt. Ein Schreib- oder DGS-Dolmi wäre schon nach 12 Monaten kostspieliger.
    Es geht hier um nichts anders, als - wieder einmal - auf Kosten der Menschen mit Behinderungen zu sparen. Nicht etwa weil unser Staat so arm wäre, sondern um mit den Steuer- und Sozialabgaben das zu finanzieren, was die Politiker für wichtig erachten. Das Gerede über Inklusion usw. ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht.
    Verschwörungstheorien und Gejammer liegen mir fern - ich bin froh und glücklich, dass ich mit CI aus der absoluten Stille raus bin. Und Dank dieser CI bin ich in der Lage, Steuern zu zahlen, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, wertvolle ehrenamtliche Arbeit zu leisten. Dennoch stoße ich immer wieder auf Barrieren, die lt. Inklusion eigentlich gar nicht mehr sein dürften: RBB-TV ist nur teilweise untertitelt, manche Sendungen sind so grottenschlecht gestaltet, dass sie einfach schwer zu hören sind.

    GdB und Merkzeichen dienen als Vorgabe für Nachteilsausgleiche. Und selbst wenn ich in etlichen Situationen gut zurechtkomme, gibt es immer wieder Situationen, in denen ich weniger gut bis kaum - ohne weiteren Hilfsmittel - zurechtkomme.

    Ich hoffe sehr, dass sich die Entscheidungsträger von den (hoffentlich guten) Argumenten der Verbändevertreter überzeugen lassen werden.

    Und wer denn von den Betroffenen meint, weder GdB noch Merkzeichen zu benötigen, der kann ja darauf verzichten.

    Ganz abgesehen davon: Neu versorgte CI-Träger befinden sich manchmal in euphorischer Stimmung ob des neuen Hörens, aber irgendwann kommen sie auf den Teppich und merken, dass sie eben doch taub sind.

    Maryanne

  • Wir müssen eben aufpassen, was die Konsequenzen einer solchen Systemänderung sind!

    Das wird unsere Politiker kaum interessieren, weil die viel zu weit von der Realität des alltäglichen Lebens weg sind! Und im Übrigen vollzieht diese Systemänderung seit nunmehr über zwei Jahrzehnten im Kleinen. Was wir als Öffentlichkeit erfahren, ist nur die Spitze eines Eisberges.

    Auch wenn nicht mehr alles Glanz und Gloria ist; so stehen wir in Deutschland mit unserem Gesundheitswesen und den ergänzenden Hilfen noch vergleichsweise gut da!

    Die Funktionseinschränkungen von Behinderungen welche Genese auch immer sind ohne Hilfsmittel zu bewerten. Alles andere verstößt meiner Meinung nach gegen Gleichheitsgrundsatz unseres Grundgesetzes.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jochen,

    durch die Einführung des ICF ist es eben so, dass nicht nur die Gesundheitsstörungen betrachtet werden sollen, sondern auch die entsprechenden Kontextfaktoren.

    Bisher wird eher gemäß ICD beurteilt, was sich jedoch nicht als wirklich sinnvoll herausgestellt hat. So können zwei Personen mit der gleichen (ICD) Diagnose vollkommen unterschiedliche Ausprägungen dieser Erkrankung haben und entsprechend unterschiedlich stark an der Teilhabe eingeschränkt sein. ICP ist halt nicht ICP und nicht jede Schwerhörigkeit hat die gleichen Einschränkungen als Folge.

    Dieses wird mit der ICF nun geändert. Anstelle einer Diagnose / Ursache wird geschaut, in welchem Bereich eine Person Einschränkungen hat und welche die Funktionsstörung verstärkenden bzw hemmenden Kontextfaktoren vorhanden sind.
    Hintergrund soll eine gerechtere Beurteilung der Einschränkungen sein.
    Als Beispiel sei ein nicht-sprechender Mensch genannt (zB Hawkings) und einer, der zudem eine geistige Behinderung hat. Ersterer kann aufgrund seiner Lernkurve / seines IQs komplexe Kommunikationssysteme (Talker) nutzen, während der zweitere aufgrund der geistigen Behinderung nur relativ "einfache" Talker nutzen kann. Fazit: obwohl beide nicht sprechen können und damit in der Kommunikation eingeschränkt sind, hat die erst genanntere Person kompensatorische Faktoren, während die zweite eher hemmende Kontextfaktoren hat. Kurzum: die zweite Person ist deutlich eingeschränkter im Bereich Teilhabe als die erste.
    Ebenso ist es bei Hörgeschädigten: je nach Umgebung ist man mehr oder weniger eingeschränkt. So verstehe ich in einem ruhigen Raum einen nicht-nuschelnden, nicht extrem leise sprechenden Gesprächspartner sehr gut, während dieses schon ganz anders aussieht, wenn der Raum hallig is, es viele Nebengeräusche gibt, die Person sehr leise spricht etc.
    Ebenso ein gebärdensprachlich kommunizierende Person: kann der Gesprächspartner DGS, so ist eine Kommunikation problemlos möglich, wenn nicht, dann sieht es auch hier anders aus.

    An sich halte ich die Einführung des ICF und den damit verbundenen Konsequenzen für die Beurteilung des GdB als sehr sinnvoll, allerdings befürchte ich, dass vom "Best-Case" ausgegangen wird mit der Konsequenz, dass nötige Hilfen nicht mehr gewährt werden.
    Sofern die Hilfen bewährt werden, ist es mir persönlich egal, ob ich hierfür einen GdB von 40, 50 oder 80 bekomme. Auch die Merkzeichen sind mir prinzipiell egal, sofern das gesamte Nachteilsausgleich-System angepasst wird, so dass ich nicht (noch mehr) behindert gemacht werde, dh sofern mir zur Vollständigen Teilhabe die entsprechenden Nachteilsausgleiche weiterhin gewährt werden.

    Grüße,
    Miriam