Schreib-/Hörassistenz bei Besprechungen

  • Hallo,

    ich habe, nachdem ich unter diesen Stichpunkten nichts hier im Forum gefunden habe, mal eine Frage an euch und vielleicht hat jemand hier bereits Erfahrungen sammeln dürfen:

    derzeit ist das Verstehen aufgrund der Maskenpflicht für uns nicht gerade einfach.

    Zu meinem Job gehört aber nun mal, dass ich bei Dienstbesprechungen, Sitzungen oder ähnlichem die Niederschriften fertige; also Protokoll führe.

    Am Freitag hatte ich eine kurze, etwa 30-45 minütige Dienstbesprechung im Ratssaal am großen Tisch mit mindestens 2 Meter Abstand, Plexiglasscheibe und Maske. Wir waren zwar insgesamt nur zu viert, es wurde nacheinander gesprochen, jedoch war das Hören extrem anstrengend, so dass ich am Ende mit Kopfschmerzen raus gegangen bin und nicht wirklich viel verstanden habe. Irgendwie fummel ich mir da meine Stichpunkte zurecht, da es zum Glück lediglich ein informativer Austausch war.

    Morgen Abend dagegen wird es spannend, da ich eine Vereinsgründungsversammlung begleiten und festhalten soll.

    Ich befürchte, dass trotz selbst auferlegter 2G+ im Dorfhaus die Masken aufgesetzt bleiben und ein entsprechender großer Abstand zueinander bestehen wird. Wir werden mit rund 20 Personen sein. Da es sich um einen Verein "för os Sfproch", also die rheinische Mundart handelt, befürchte ich, dass sich ein Großteil der Anwesenden einen Spaß daraus machen wird und zumindest zunächst rheinischen Platt schwaden werden:saint:.

    Leider komme ich erst jetzt auf die Idee mir mal Gedanken darüber zu machen, ob ich für solche Situationen über den IFD (Integrationsfachdienst des LVR in NRW) eine Schreib- bzw. Hörassistenz zur Seite gestellt bekommen könnte.

    Hat jemand von euch bereits diesbezüglich Erfahrungen sammeln können? Was muss veranlasst werden?

    Beim IFD habe ich heute leider niemanden erreichen können; es wäre ja auch ohnehin sehr kurzfristig bis morgen, aber die Maskenpflicht in Innenräumen wird bleiben und de Besprechungen in Präsenz werden im Laufe der Zeit mit Sicherheit wieder zunehmen (ich hätte nie gedacht, dass ich zum einen tatsächlich Homeoffice genießen und tatsächlich Video-Konferenzen vorziehen würde).

    Ich danke euch,

    viele Grüße aus dem Rheinland,

    SaSel

    Von Geburt an hochgradig schwerhörig beidseitig, im Laufe der Jahre an Taubheit grenzend schwerhörig beidseitig
    OP rechts am 31.05.2017 Uni Köln, EA am 17.07.2017, Cochlear Kanso
    links HG, zurzeit Resound Linx wegen Kompatibilität zu Cochlear

  • Hallo SaSel,

    ich habe bei verschiedenen Schlappohrenveranstaltungen schon Schriftdolmis erlebt und die sind einfach nicht schnell genug, einer Diskussion in normalen Tempo zu folgen geschweige denn einer Diskussioin lebhaften Tempo.

    Ich weiß nicht, ob DGS Dolmetscher Diskussionen folgen können. Und man müsste DGS auch erst einmal können. Aber etwas hinterher wird man da auch sein, da die Dolmetscher das Gehörte ja auch verstehen müssen, um dann zu übersetzen.

    Ich würde aber einen Dolmetscher seltsam finden, nur damit Du dann ein Protokoll schreiben kannst: da kann man dann ja gleich einen Protokollant bestellen. Beteiligst Du Dich denn aktiv an dem Geschehen?

    Ich vermeide Das Schreiben von Protokolle überhaupt so weit es geht. Ich möchte die Kapazitäten für das Hören und Beteiligen am Gespräch frei haben. Es gibt aber manchmal die Notwendigkeit, das ich doch das Protokoll selbst schreibe, damit ich sicher bin, dass auch das Richtige rein kommt.

    Ich löse Gruppenveranstaltungen ausschließlich mit Technik. Die Veranstaltung mit vier Personen hätte mir gar keine Probleme gemacht. Da hätte ich jedem ein Table Mic vor die Nase gesetzt und dann hätte der Abstand auch 5 Meter weit weg sein können. (Ich habe insgesmt fünf Table Mics und je drei Leute pro Table Mic, wenn die Sitzordnung in einem großen Vierecke, oder in einem U angeordnet ist, ist ganz gut schaffbar.

    Aber 20 Leute und dann auch noch mundartlich, ich glaube ich würde mich einfach weigern. Im Übrigen: Habt Ihr denn gar kein Corona??? So eine Veranstaltung muss man doch nicht ausgerechnet jetzt machen.

    Gruß

    Andrea

    Edited 2 times, last by Andrea2002 (February 21, 2022 at 3:58 PM).

  • Hallo SaSel,


    frage beim IFD an. Die wissen am besten Bescheid und können oft gut weiterhelfen. Ich wollte das mal für meinen Arbeitsplatz beantragen und das ist daran gescheitert, das unser betriebliches Internet zu langsam ist. Die Schriftdolmetscher die mein Chef bestellen wollte, arbeiteten nämlich online und nicht vor Ort. Dafür brauchte man eine flotte Übertragungsgeschwindigkeit, so wurde mir das erklärt. Gottseidank hatte sich das alles mit CI dann erledigt.

    Ich kann dich sehr gut verstehen. Bei einer Arbeitssituation wie deiner käme ich auf jeden Fall an meine Grenzen. Ich stimme Andrea zu, vielleicht solltest du vor deinen Vorgesetzten noch mal deutlich machen, was nicht mehr zumutbar ist.. So eine unsichtbare Behinderung wird ja ständig vergessen 🤷🏻‍♀️

    Nucleus 7, CI622 cochlear implantiert Juni 2021, links

  • Lieben Dank für eure Antworten.

    Ich fürchte, ich habe mich etwas missverständlich ausgedrückt, Andrea: ich brauche keinen Schriftdolmetscher bzw. DGS (die ich noch nicht mal beherrsche), sondern jemanden, der für mich die Protokollführung übernimmt damit ich der Besprechung besser folgen kann. Im Anschluss kann ich aus der Protokollführung und meinen eigenen Notizen entsprechend die Niederschrift fertigen.

    An mein Minimic habe ich am Freitagmittag auf die Schnelle nicht gedacht, für heute liegt es schon auf meinem Schreibtisch parat, damit ich es nochmal auflade und heute Abend mitnehme.

    Mit dem TableMics kam ich damals nicht zurecht, so dass ich, wenn überhaupt, mit meinem Minimic da sitze. Es war damals (vor vier Jahren) auch die Problematik der Kostenübernahme, da ich Beamtin bin und anderes Recht gilt.

    Ich werde definitiv am IFD weiter dran bleiben und mal nachhören, was sich noch machen lässt.

    Für heute Abend werde ich meinen Vorgesetzten bitten, selbst ein paar Stichpunkte mitzuschreiben, damit ich unsere Aufzeichnungen abgleichen und zusammenführen kann. Er weißt um meine Hörbehinderung und ermöglicht mir eine sehr flexible Zeiteinteilung - so war ich gestern im Homeoffice anstatt im Rathaus und hatte den ganzen Tag keine "Technik am Kopf", heute werde ich mittags Dienstschluss machen und erst zum Abend zur der Veranstaltung fahren. Das Problem ist unsere kleine Verwaltung, so dass nicht so einfach ohne weiteres zusätzliches Personal abgestellt werden kann. Um Protokollführung zu vermeiden, müsste ich den Bereich wechseln, in Frage käme nur Buchhaltung und die wäre mein Horrorszenario - das liegt mir gar nicht. An meinem Job habe ich unglaublich viel Spaß, mir ein großes Netzwerk bis in die Landesministerien aufgebaut und hier vor Ort sehr viele gute Kontakte, viele wissen grundsätzlich über meine Hörbehinderung Bescheid - das ist wieder der Vorteil an einer kleinen Kommune;).

    Was Corona betrifft: die Veranstaltung ist auf Einladung mit Anmeldung, findet unter 2G+ und in einem großen Raum, welcher ursprünglich rund 250 Personen fasst, statt. Die Plätze werden mit großem Abstand zueinander aufgebaut. Es laufen Antragsfristen, deshalb muss die Versammlung leider in Präsenz stattfinden, damit der Verein heute noch gegründet wird.

    VG

    SaSel

    Von Geburt an hochgradig schwerhörig beidseitig, im Laufe der Jahre an Taubheit grenzend schwerhörig beidseitig
    OP rechts am 31.05.2017 Uni Köln, EA am 17.07.2017, Cochlear Kanso
    links HG, zurzeit Resound Linx wegen Kompatibilität zu Cochlear

  • Hallo,

    Das MiniMic im Vergleich zum Roger ist natürlich nur ein Pistölchen im Vergleich zur Bazooka. Ein TableMic und auch nur zwei entfalten m.E auch kaum eine Wirkung. Es müssen schon mehrere sein. Der neue Roger On ist wahrscheinlich auch deutlich leistungsfähiger als das MiniMic. Vielleicht versuchst Du mal einen neuen Techniktest.

    Aber grundsätzlich musst Du Dir das schon überlegen, wie Du es mit den Niederschriften handhabst. Manches kann man natürlich zusammenreimen auch mit minimalen Sprachverstehen, z.B. Wer und Wie gewählt wird, und es gibt evtl. auch schriftliche Vorlagen. Aber was machst Du wenn etwas zur Sprache kommt, was Du gar nicht auf dem Schirm hast?

    Gruß

  • Moin SaSel,

    es gibt die Möglichkeit, eine Arbeitsassistenz beim IfD zu beantragen. Wenn du deinen Job noch zu über fünfzig Prozent selbst erledigen kannst, aber aufgrund einer Einschränkung eben nicht mehr zu 100 %, wie zum Beispiel Protokoll führen, dann wird aufgrund eines Fragebogens errechnet zu wieviel Prozent du Unterstützung brauchst und dafür jemand dir zur Seite gestellt werden muss (kann auch Kollege sein). Dessen Gehaltanteil für die Zeit, wo dieser Assistenz dir hilft, wird vom IfD finanziert.

    So ist es bei mir. Nicht aufgrund meines Hörvermögen sondern weil ich die in meinem Beruf übliche körperliche Leistung nicht mehr schaffe. Das übernimmt mein Kollege, dessen Arbeitsstunden dafür aufgestockt wurde (von Teilzeit auf Vollzeit), für alle eine WinWin-Situation.

  • Hallo SaSel,

    als Kollegin, die auch im öffentlichen Dienst unterwegs ist und dank Corona per Videokonferenz am Unterricht für eine Weiterbildung teilnimmt, habe ich das Problem mit dem Verstehen in letzter Zeit auch massiv. Mundschutz und Abstand sind im Hinblick auf die Akustik auch nicht meine Freunde.

    Wenn du den Ansatz eines Protokollanten verfolgen willst, kann ich leider nicht wirklich etwas dazu beitragen. Bei mir ist es allerdings so, dass ich seit Kurzem für den Unterricht Schriftdolmetscher zur Unterstützung bekomme. Die habe ich nach Beratung durch den IFD beim IFA beantragt, Vorzulegen war hierfür lediglich eine Kopie meines Arbeitsvertrags, meines SBA und meines Feststellungsbescheides. Allerdings können hier aufgrund unterschiedlicher Bundesländer natürlich noch andere Ansprüche bestehen.

    Im Grunde habe ich einen virtuellen Raum offen, in dem das Gesprochene als Fließtext erscheint, wenn auch mit der unvermeidbaren Verzögerung durch die Übertragung. Mir hilft das beim Verstehen sehr. Was optional beantragt werden kann und bei mir zum Glück auch durchging ist, dass ich im Nachgang eine Mitschrift erhalte, also im Grunde eine mehr oder weniger grob korrigierte PDF des Fließtextes aus dem virtuellen Raum. Das wäre meiner Erfahrung nach eine gute Grundlage für deine Niederschrift der Sitzung. Voraussetzung damit das funktioniert, ist natürlich dass nacheinander gesprochen wird usw. aber das wirst du wohl aufgrund deiner Hörschädigung sowieso immer schon erbitten.

    Falls du mehr wissen willst, frag einfach und ich versuche gerne zu helfen.

    Liebe Grüße

    Sunny, deren Dolmetscher lustigerweise in deinem Bundesland sitzen statt in meinem ;)

    ab 15. Lebensjahr progressiver Hörverlust ohne Befund
    Mi1200 SYNCHRONY von MED-EL
    links: OP am 20.10.2017, EA 14.11.2017
    rechts: OP 02.02.2016 EA 21.03.2016

    beidseitig inzischen Generationswechsel zu Rondo 3