So, es wird mal wieder Zeit, dass ich was von mir Lesen lasse. Anfangs ist man so euphorisch und so bewegt von den ganzen neuen Höreindrücken und möchte es unbedingt mitteilen. Dann aber kehrt der normale, alltägliche Wahnsinn wieder ein… und ja, das neue Hören wird immer selbstverständlicher. Ich muss mir stets vor Augen halten, dass das nicht wirklich selbstverständlich ist! Es ist eigentlich unglaublich, es ist ein Wunder! Am 17. November vergangenen Jahres wurde mir das 1. CI (rechts) implantiert - das heißt, ich feiere nun mein „Einjähriges“! Am 21. Juni diesen Jahres ist das 2. CI (links) hinzugekommen. Und ich möchte Euch gerne meine neuesten Höreindrücke mitteilen, auch weil ich per Email einiges gefragt wurde und die Antworten dazu für einige von Euch interessant sein könnten.
Im Sommer war ich mit meiner Familie mehrere Wochen in Frankreich unterwegs; wir sind leidenschaftliche Camper. Dazu gehört natürlich auch das Autofahren, und zwar oft und lange. Zu meinen HG-Zeiten war die Kommunikation während der Autofahren ziemlich eingeschränkt. War ich die Fahrerin, war die Kommunikation mit mir Null, da ich auf den Verkehr achten musste. War ich die Beifahrerin, musste ich sowohl zur Seite (Mann) als auch nach hinten (Kind) mir stets die Nackenmuskeln ausreißen, um das Mundbild (MB) zu sehen, echt anstrengend. Radio bzw. Musik war nur ein Geräuschebrei, also ziemlich unangenehm. Hinzu kam das ewige Rauschen, welches beim Fahren entsteht, weil die Luft an der Karosserie vorbeizieht. Last but not least hatte ich durch die Otoplastik vermehrten Druck auf den Ohren, so dass die wenigen Hörreste auch noch mal einen Dämpfer bekamen. Alles in allem ziemlich beschissen.
Unsere Sommer-Campingtour 2016 trat ich mit 2 CI-Ohren an und die Autofahrten waren das beste & effektivste Hörtraining ever! Ich konnte am Anfang der Reise schon recht gut ohne MB verstehen, habe aber am Ende der Reise nochmal so ein richtig krasses Aha! Erlebnis gehabt: Mein Partner und ich unterhalten uns - ich muss ihn dabei nicht ansehen - während das Radio läuft und der Kleine hinter mir auf der Rückbank Kinderfilme am Tablet schaut. Der absolute Wahnsinn…! Ich weiß, dass ich da schon auf einem sehr hohen Level angekommen bin und das vielleicht nicht für jeden erreichbar ist. Dennoch halte ich das CI für viel hilfreicher und besser als HGs und hoffe, dem einen oder anderen die Angst vor CI´s nehmen zu können!
Und jetzt zu einer speziellen Frage, die mir 2 Personen per Email gestellt haben. Beide sind auf nur einem Ohr implantiert (gewesen, da mittlerweile operiert) und haben mich gefragt, was mit 2 CI´s zu erwarten sei. Ich habe mir nur einem CI (rechts) schon so gut (im Vergleich zu den HGs) gehört, dass auch ich mir die Frage gestellt hatte, ob ich nicht einfach mit nur einem CI so weitermachen soll… Jetzt, 5 Monate nach der 2. OP, muss ich sagen: Wie gut, dass ich mich für das 2. CI entschieden habe! Stereo zu hören ist so viel anders als auf nur einem Ohr zu hören. Die oben beschriebene Situation im Auto konnte ich mit einem Ohr nicht meistern. Das Hören mit 2 CI´s ist sehr viel anstrengungsfreier, weil die „Hör-Last“ nicht von einem Ohr alleine getragen, sondern auf zwei Ohren verteilt wird.
Jetzt muss ich aber unbedingt etwas anmerken: Man hört nicht auf beiden Ohren exakt gleich! Das ist wohl anatomisch + technisch gar nicht möglich, da die Elektrode mit μm-Unterschieden in der Cochlea eingepflanzt wird. Bei mir klingt die rechte Seite etwas dunkler, die linke Seite etwas heller und klarer. Ich merke den Unterschied ganz deutlich, wenn ich mit nur einem CI hören muss (bei den Hörtests oder weil ein Akku leer ist). Ich verstehe dann mit dem einen Ohr (egal ob rechts oder links) auch nicht so viel wie zuvor mit beiden, weil ein Ohr alleine ganz anders klingt. Da sieht man mal, dass mein Gehirn sich schon extrem an das Stereo-Hören gewöhnt hat! Habe ich beide Seiten aktiviert, ergeben diese eine perfekte Einheit. Ich nehme dann überhaupt nicht wahr, dass die Ohren nicht gleich hören, im Gegenteil. Vielmehr ergänzen diese sich, vermischen sich & ergeben dann diesen guten Gesamthöreindruck.
Und mit dem kann ich dann solche Situationen wie im Auto echt toll meistern. Auch 4-Augen-Gespräche im Störlärm (Großraumbüro) klappen relativ gut! Was ich aber nach wie vor nicht kann, ist das Verstehen von schnellen Zurufen innerhalb einer Gruppe. Ich war mit einer Gruppe Mädels in Kopenhagen (tolle Stadt!) und während dem zusammen-kochen, zusammen-in-der-Metro-sitzen oder abends zusammen-am-Esstisch-sitzen war es mir nicht möglich, den Gesprächen unter den anderen Mädels zu folgen. Da sind die schnellen Kommentare, das Gelächter und Geschnatter einfach zu viel für mich. Vielleicht hat ja jemand einen Tipp, wie man das üben kann?? Natürlich ohne dass ich mich jeden Tag mit den Mädels treffen muss...
Ich wünsche Euch allen einen schönen Tag
Liebe Grüße
Karina