Und wieder ein neuer Zwischenstand zweieinhalb Monate nach der EA.
Martin, ich verstehe, was du mit der Unterscheidung "zu laut" und "schrill" meinst. Es ist manchmal wirklich nicht so leicht, die erforderliche und normale Lautstärke realistisch einzuschätzen, gerade, wenn man im entsprechenden Frequenzbereich so gut wie keine Hörerinnerung hat. Da hilft dann wohl nur ausprobieren und auch ein Stück weit auf das eigene Behagen achten...
Was hat sich nun in der Zwischenzeit getan?
Wie bereits im letzten Beitrag geschrieben, wurde die Gesamtlautstärke jetzt noch einmal um 10% erhöht, bzw. allgemein nachgestellt. Diesmal bei einer anderen Technikerin mit einer anderen Herangehensweise ("Wie jetzt, nacheinander alle Töne anspielen, die fast unangenehm laut waren? Das grenzt ja an Folter! Neenee, wir schauen einfach, ob Sie bei mittlerer Lautstärke Unterschiede zwischen den einzelnen Elektroden wahrnehmen.") - hat so auch funktioniert und die T-Level sind jetzt sehr vorsichtig eingestellt. Den Tag drauf hat es teilweise wieder angefangen, in ruhiger Umgebung zu fiepen, aber danach war das dann auch vorbei.
Gespräche nur mit CI kann ich einigermaßen gut führen, solange sie nur unter vier Augen sind. Sobald Lärm oder mehrere Leute dazu kommen, muss ich das Hörgerät dazu schalten. Allgemein ist es teilweise in Gruppen etwas schwieriger für mich geworden, da ich jetzt über das CI das Gefühl habe, hauptsächlich Störgeräusche abzubekommen, die ich vorher gar nicht gehört habe - Stichworte: Geflüster untereinander, Papierrascheln, Klicken des Kugelschreibers... Teilweise nehme ich den SP in solchen Situationen dann auch einfach ab. Generell nehme ich mir mittlerweile ganz gerne mal die eine oder andere Hörpause, weil es doch recht anstrengend ist.
Dazu kommen manche Sprüche von Kollegen, die ganz offensichtlich gar keine Ahnung haben, wie man ein CI zu beurteilen hat, bzw. was für Erwartungen daran realistisch sind. Entweder kam "Lass dich doch mal beim Techniker einstellen, du musst ja immer noch hin und wieder nachfragen, das ist doch nicht normal" oder bei einem Vortrag auch mal in Bezug auf die FM-Anlage "Jetzt hast du dich doch schon extra operieren lassen, und dann brauchst du die ganze Technik immer noch?" - schwierig, da passend zu reagieren. Ich ärgere mich bei so etwas aber nicht wirklich lang, weil ich ja meine eigenen Erfolge im Vergleich zum Hörgerät sehe und das lasse ich mir davon auch nicht nehmen. Aber eine gute Erwiderung darauf zu finden, wäre schön. Ich habe bislang noch keine gefunden. "Fragst du einen Gehbehinderten, ob er mit dir Marathon läuft, weil er statt seinem alten Rollstuhl jetzt einen E-Rolli hat?" trifft den Kern ja auch nicht wirklich (oder, wie es jemand anderes meinte, "der Vergleich hinkt"). Wie gehen denn andere hier im Forum damit um? Aus Erfahrungen weiß ich, dass es von Gesprächspartnern ein erhebliches Maß an Empathie braucht, um das Konzept "Hörstress" ansatzweise nachvollziehen zu können, geschweige denn die Sondersituation, in der man sich mit einem CI befindet. Manche Leute scheinen von sich aus drauf zu kommen, anderen kann man es noch so oft in epischer Breite erzählen, ohne dass es wirklich zu Verständnis führt.
Davon weg gehend wieder etwas Positives:
Ich habe neue Geräusche im Repertoire! Und zwar habe ich mich bei einem gemeinsamen Nachtspaziergang neulich über ein recht hohes Geräusch gewundert, an das ich mich irgendwie erinnern konnte, was mich aber dennoch irritiert hat. Für Vögel war es etwas zu leise und zu regelmäßig, für ein technisches Geräusch aber auch nicht gleichförmig genug. Ein kurzer Check, indem ich die Verbindung zwischen CI und SP kurz getrennt und mit dem Hörgerät gelauscht habe: Stille. Also eine kurze Nachfrage und es stellte sich heraus, dass das Grillen waren. Das letzte Mal, dass ich mich wirklich an dieses Geräusch erinnern kann, war irgendwann in meiner Kindheit. Ab da habe ich sie an diesem Abend aber wirklich überall gehört und bin hin und wieder vor einem Busch stehen geblieben, aus dem es besonders laut schallte. Ein schönes Erlebnis!
Dazu gesellte sich bald eine Küchenuhr in der schwiegerelterlichen Küche, deren Ticken ich bis dahin nie wahrgenommen hatte und bei dem Versuch nur mit Hörgerät gar nicht hörte, selbst, wenn ich den Kopf direkt daneben hielt. Diese Küchenuhr nun hat mich beim ersten Betreten des Raumes nach der CI-Operation durch ihr lautes Ticken kurz irritiert. Verrückte Welt
Und das Beste ganz zum Schluss: Telefonate mit Familienmitgliedern gehen mit CI mittlerweile weitestgehend reibungslos! Mit anderen Leuten zu telefonieren traue ich mich nicht wirklich, weil das eine Situation ist, die ich immer nach Möglichkeit vermieden habe, auch mit HG schon.
So weit für den Moment von meiner Seite