Hallo Mel,
ob der Hörrest erhalten bleibt, kann man nicht vorhersehen. Grundsätzlich muss man mit einer Verschlechterung durch die OP rechnen - auch wenn sich die Kliniken größte Mühe geben, hörerhaltend zu operieren. Wie es dann wird, ja das weiß man erst danach.
Bei mir war auf beiden Ohren im Tonbereich bis 1 kHz ein Hörrest vorhanden. Um 250Hz ging es bei ca. 80dB los und fiel linear ab bis auf 100dB bei 1kHz, darüber hörte ich erst ab 120 dB ganz leise irgendwas - also so ziemlich nix mehr.
Das rechte Ohr wurde 2011 mit Cochlear implantiert und war nach der OP komplett taub.
Links habe ich noch 10 Jahre ein unterstützendes HG getragen, was nur die Akustik qualitativ etwas verbesserte, aber keinerlei Hörverstehen mehr lieferte. Diese Kombi funktionierte aber erstaunlich gut! Sprachverstehen kam komplett vom CI und hatte sensationell gute Werte. Hörgerät lieferte noch etwas Sound dazu und das klappte lange Zeit sehr gut.
2021 habe ich das linke Ohr ebenfalls mit Cochlear implantieren lassen, weil das HG den Geist aufgab. Links blieb der Hörrest erstaunlicherweise fast vollständig erhalten. Für das normale Hören nützt mir das aber gar nichts. Wie gesagt, ab 80 dB gehts los - d.h. ich bräuchte ein zusätzliches Hochleistungs-Hörgerät, damit ich den Hörrest noch nutzen könnte. Aber das ist gar nicht notwendig. Das CI reicht vollkommen aus. Was aber schön ist am Hörrest: wenn ich z. B. die Ohren im Wasser habe, höre ich mit links noch das Glucksen und Blubbern. Oder komplett ohne CI mal einen sehr lauten dumpfen LKW. Das gibt einfach ein minimal natürlicheres Hörerleben. Schönes Gimmick, aber kein echter Mehrwert für den Höralltag.
Sprachverstehen und Klangqualität mit den beiden CI finde ich für mich persönlich absolut in Ordnung.
Zu der Frage, wie das so ist, wenn man nach OP einseitig taub und auf der anderen Seite mit HG nur noch wenig Resthörvermögen hat: Ja, so war das 2011 bei mir auch. Mit dem CI konnte ich innerhalb von ca. 3 Monaten ein gutes Sprachverstehen erzielen. Direkt nach der Erstanpassung konnte ich bereits einsilbige Zahlen und einfache Sätze verstehen. Etwas, was vorher mit HG nicht mehr gelang! Ja, die 3 Monate waren im Alltag erstmal nicht einfach, der Kopf permanent gefordert. Telefonieren ging mit nur einem HG-Ohr gar nicht mehr, sobald ich in unruhige Hörsituationen kam, war Ende Gelände. Das war bis zu den ersten positiven Erlebnissen mit dem CI sehr anstrengend. Aber lass dich davon nicht beirren! Das geht vorüber, je besser du dich an das CI gewöhnst. Solltest du Bedenken haben, weil das z. B. beruflich nicht machbar ist, am besten mit dem HNO besprechen, inwieweit du bis zur Erstanpassung und in der ersten Zeit nach der Anpassung AU bist. Auch eine stufenweise Wiedereingliederung für diese Übergangszeit ist denkbar. Sollte man mal abklären - vielleicht mit dem Haus-HNO, der einen oft länger und besser kennt als die Klinik. Sinnvoll ist das insbesondere wenn man einen kommunikativen Beruf hat. Ein Bauarbeiter mit kaputtem Knie geht nach OP auch erstmal durch die Reha, bevor er wieder voll eingesetzt werden kann. Das vergessen die Ärzte manchmal, ist so mein Eindruck.
Viel Erfolg!