Hallo Timmy,
ich gehe davon aus, dass du im Amt an einen Sachbearbeiter geraten bist, der keine Ahnung von Hörschädigungen hat.
Euch steht das Merkzeichen GL und das Merkzeichen RF auf jeden Fall zu, sowie mindestens einen GdB von 80. (Für Kinder kenne ich mich nicht so gut aus, daher gebe ich den GdB an, den Erwachsene bei der Hörkurve bei der bekommen sollten).
Kommen wir zu den anderen Merkzeichen:
Das Merkzeichen "B" steht gemäß § 60 Abs. 2 SchwbG Schwerbehinderten zu, die infolge Ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Fremde Hilfe muß regelmäßig vor allem zum Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt notwendig sein oder bereitstehen oder zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlich sein. [...]
Ich denke, dass es klar ist, dass deine Tochter aufgrund ihres Hörvermögens nicht alleine mit Bus und Bahn fahren kann, da ihr die Orientierung fehlt. Sie kann weder erkennen, aus welcher Richtung ein Auto kommt (fehlendes Richtungshören!!!) und stellt somit im öffentlichen Verkehr eine Gefahr für sich und andere da. Auch kann sie nicht auf Zuruf reagieren und benötigt somit im öffentlichen Verkehr eine Begleitperson. Auch kann sie sich nicht an den akustischen Ausrufen auf Bahnsteigen, in Bussen etc orientieren, da sie aufgrund des Hörvermögens diese erst gar nicht wahrnimmt.
Damit steht euch das Merkzeichen "B" zu, auch ohne das Merkzeichen G!!!
Das Merkzeichen "H" bekommen Personen, die hilflos sind.
Hilflos ist, wer infolge seiner Behinderungen nicht nur vorübergehend für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, zum Beispiel An- und Auskleiden, Körperpflege, Verrichten der Notdurft, Nahrungsaufnahme, notwendige körperliche Bewegung und geistige Anregung, in erheblichem Umfang fremder Hilfe dauernd bedarf. Hilflosigkeit ist auch gegeben, wenn die Fremde Hilfe in dauernder Bereitschaft stehen muß. Hilflos sind zum Beispiel
* Blinde und hochgradig Sehbehinderte,
* Querschnittsgelähmte,
* Doppel und Mehrfachbehinderte sowie
* Hirngeschädigte, Anfallsleidende und geistig behinderte mit einem GdB von 100 für diese Leiden.
Hilflos in dem Sinne ist deine Tochter ja nicht... ausser, wenn sie sich im Straßenverkehr fortbewegt, was ja auch zu den Dingen des alltäglichen Lebens gehört und sogar dank Schulpflicht in der BRD vorgeschrieben ist.
Eine Argumentationshilfe für das Merkzeichen "H" findest du z.B. auf dieser Webseite:
http://www.agsv.nrw.de/recht/urteile/MerkzeichenG.html
Wenn du also darlegen kannst, dass deine Tochter "die Sprachkompetenz fehlt und sie in ihrer Kommunikationsfähigkeit erheblich gestört ist", dann steht ihr das Merkzeichen "H" zu (nach dem Gerichtsurteil.. wobei dieses auch an sich schon hinfällig ist, da es inzwischen das Merkzeichen "GL" gibt).
Das Merkzeichen "G" steht schwerbehinderten Menschen zu, die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind und deswegen Wegstrecken im Ortsverkehr nicht zurücklegen können, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Dies kann Folge einer Gehbehinderung, aber auch eines inneren Leidens oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit sein.
Auch in diesem Punkt muss klar erläutert werden, warum deine Tochter aufgrund ihrer Schwerhörigkeit eine Störung der Orientierungsfähigkeit hat.
Letztendlich läuft alles darauf hinaus, dass gezeigt werden muss, dass deine Tochter im Strassenverkehr nicht alleine klarkommen kann und dass dieses nicht das Resultat ihres Alters, sondern das Resultat der Hörminderung ist.
Fakt ist auch, dass die Merkzeichen unabhängig voneinander sind. Das "B" kann es auch ohne das Merkzeichen "G" geben. Es ist allerdings so, dass es schwachsinnig ist (auf gut Deutsch gesagt), dass einem Patienten das "H" gegeben wird, aber das "B" nicht.
Ich hoffe, dass ich dir einige Informationen geben kann, so dass du eine Anhörung (ich habe keine Ahnung, ob du da persönlich erscheinen musst!) gut überstehen wirst. Auf andere Personen sich zu berufen (die hat das aber auch bekommen) sollte dabei nicht geschehen, sondern für den eigentlichen Fall die Argumentation hochgezogen werden.
Habt ihr einen guten Anwalt, der sich mit Hörstörungen auskennt?
Grüße,
Miriam