Die Wiedergeburt des Hörsinnes durch ein Cochlear – Implantat.
Vorwort
Am 13. Februar 2014 wurde der Grundstein gelegt für meine Wiedergeburt des Hörsinnes.
Hören ist ein wichtiger Sinn für uns Menschen.
Wenn er fehlt, ist die Lebensqualität sehr stark eingeschränkt.
An diesem Tag wurde mir in Koblenz ein Cochlear – Implantat am rechten Ohr eingesetzt.
Mit dem Cochlear - Implantat wurde der erste Schritt realisiert, mehr an dem Leben mit anderen Menschen teil zu nehmen, mit ihnen kommunizieren zu können.
Im nach hinein bin ich froh über meinen Schatten gesprungen zu sein, das Risiko gewagt zu haben, wie es alle Operationen mit sich bringen.
Ich fühle mich wie neu geboren.
Mit meinem kleinen persönlichen Bericht möchte ich den vielen Betroffenen Mut machen, sich mit der Taubheit oder der starken Schwerhörigkeit nicht einfach abzufinden, sondern Wege zu suchen, sich zu informieren über alles was zu einer Besserung des Hörens und damit der persönlichen Lebensqualität bei trägt.
Ich möchte berechtigte, unberechtigte Ängste abbauen, Eindrücke vermitteln aus meiner Sicht vom Ablauf der Operation und Nachbehandlung.
Mein Leben ohne Behinderung, mit Behinderung, mit dem Cochlear – Implantat.
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Ich wurde vor 61 Jahren im März geboren, Sternzeichen Fische.
Fische sind sensible und einfühlsame Menschen.
Ich schöpfe das ganze Spektrum eines Seelenlebens oft aus.
Wer mich kennt, bestätigt das gerne.
Ich habe mich schon ganz unten gefühlt mit meiner Behinderung, Rotz und Wasser geheult.
Aber auch schon Tränen geheult, hemmungslos vor Glück, nach der CI – Operation als ich merkte, das Hörgefühl, Sprachverständnis kommt, manchmal in 1 Tausendstel Millimeter langsam, dann in 2 Meter Schritten schnell.
Ich verbrachte eine behütete Kindheit mit meiner Schwester bei meinen Eltern in einer ländlichen Gemeinde in Rheinhessen.
Ich habe die Schule mit Erfolg besucht, meine Lehre zum Bürokaufmann, meine Prüfung zum Kaufmannsgehilfen erfolgreich beendet.
Ich wurde übernommen von meiner Firma nach der Ausbildung.
Nichts hören, verstehen, das war für mich damals fremd, kein Thema.
Die ersten Anzeichen meiner kommenden Hörbehinderung wurden bei der Musterung zur Ableistung des Grundwehrdienstes festgestellt:
Leichter Hörverlust auf beiden Ohren mit 19 Jahren. Ersatzreserve II,
Ich wollte zur Bundeswehr.
Nach anfänglicher innerlicher Unruhe vor der Grundausbildung, die zwar anstrengend war, aber nicht so schlimm, wie immer erzählt wird, verbrachte ich 15 Monate eine schöne Zeit mit meinen Kameraden und Vorgesetzten.
Ich durfte den LKW - Führerschein machen.
In der Einsatzkompanie den LKW/ VW-Bus fahren.
Ich wurde zum Obergefreiten befördert.
Zurück in der alten Firma arbeitete mich zum Abteilungsleiter, Chef von 12 Mitarbeitern hoch.
Die schleichende Schwerhörigkeit entwickelte sich auf einmal abrupt schnell.
Hörgeräte links und rechts wurden verordnet, mehr Leistung, mehr Leistung, digital, größere Batterien, und und .
Zum Schluss hörte ich zwar viel, meistens tiefe Töne, Laute, Geräusche mit den Hörgeräten, aber das Sprachverständnis war fort.
Ich war ca. 35 Jahre alt.
Telefonieren ging nicht mehr, ich hörte ganz leise eine Stimme, konnte nichts verstehen.
Fernsehen den Ton verstehen, ging nicht mehr, wie am Telefon.
So war es mit allem Dingen zu dem man das Ohr braucht.
Wenn es z.B. beim Bäcker eine Rückfrage gab auf meine Bestellung, war ich aufgeschmissen, musste 2-3 mal nach fragen bis ich es verstanden habe. Immer Fehlanzeige.
Dazu kam Tinnitus, auf einmal war er da, ein Ton, hoch, pfeifen, zirpen, mal weniger, mal mehr.
der begleitet mich schon über Jahrzehnte, ich nehme ihn nicht war, ignoriere ihn einfach, damit fahre ich am besten. Er ist immer noch da.
Ich bin ein positiv denkender Mensch, es gibt viele andere Möglichkeiten mit Menschen zu kommunizieren wie das direkte Gespräch mit den kaputten Ohren.
Ich habe SMS geschrieben mit meinem Handy an meine Kinder, Verwandte, Bekannte, Kunden.
Ich habe gemailt am Computer.
Ein schönen Brief schreiben und mit der Post versenden kann auch viel Freude bereiten.
Es werden viele Sendungen im Fernsehen untertitelt für Hörgeschädigte, Tagesschau, Sport, Krimis, z. Tatort, fast alle SOKO Krimis im 1. und 2. Programm. Unterhaltungssendungen.
Ich habe Mundablesekurse besucht, mit der Gebärdensprache beschäftigt, in meiner näheren Heimat Frankenthal/Pfalz.
Ich hatte mich damit abgefunden, das es nichts mehr wird mit meinen Ohren zu hören und zu verstehen.
Ich bin ein geselliger Typ, möchte in einer Gesprächsrunde meinen Diskussionsbeitrag leisten. Das hat mir in dieser Zeit immer gefehlt.
Wenn ich nichts höre, verstehe von den anderen, kann ich nicht mit reden.
Die Schwerhörigkeit ist in unserer Familie erblich bedingt.
Mein Vater, meine Schwester, meine drei Kinder sind beidseitig hochgradig hörbehindert.
Mein Vater ist mit einem Hörgerät herumgelaufen, ein rundliches Ding, um die Brust, mit zwei Kabeln zu den Ohren. Daran erinnere ich mich noch sehr gut.
Ich wohne in der Nähe von meinem Sohn, verheiratet, 37 Jahre.
Wir zwei haben ein super Verhältnis.
Im Herbst 2013 hat mir mein Sohn erzählt, er braucht wieder neue (normale, digitale) Hörgeräte.
Ich bin ab und zu mit ihm gegangen zum Akustiker zum aussuchen, anprobieren, eine Zeit lang testen, da ich ja auch schwerhörig war und die Problematik kannte.
Eines Abends besuchte er mich in meiner Wohnung und sagte:
“ Vater, Hörgeräte bringen nichts mehr bei mir, ich brauche ein Cochlear - Implantat”
Ich wusste, das es solche Implantate gibt, ich hatte in meiner Zeit in Heidelberg in der MTA - Schule vor über 20 Jahren Menschen gesehen mit einem runden großen Knopf über dem Ohr.
Die Cochlear -Implantat Technik war damals noch nicht so ausgereift wie heute im digitalen Computer – Zeitalter.
Mein Sohn begann mit den Untersuchungen, ob ein Cochlear - Implantat eingesetzt werden kann, ob die medizinischen Voraussetzungen gegeben sind.
Nach einer kurzen Zeit des Denkens, Überlegens reifte in mir die Entscheidung, mich auch operieren, ein Cochlear -Implantat einsetzen zu lassen, wenn es medizinisch vertretbar ist.
Ich wollte raus aus diesem Mäuse - Laufrad, Untertitelungen im Fernsehen, nur SMS, E -Mails.
Ich wollte wieder normale direkte Gespräche führen können mit anderen Menschen, ohne Angst gehänselt zu werden.
Ich habe mich natürlich vorher im Internet, Fachbüchern schlau gemacht, wie das eigentlich funktioniert, die digitale Übertragung vom Mikrofon, Prozessor am Ohr zum Gehörnerv.
Ich habe auch mit Cochlear- Implantat Trägern vorher gesprochen wie das Sprachverständnis mit dem Implantat, die Operation, die Reha, danach ist.
Das konnten natürlich nur ungefähre Aussagen sein, weil es bei jedem einzelnen CI - Träger unterschiedliche Resultate geben kann, abhängig von der schwere, Länge der gehörlosen
Zeit.
Die Zeit der Untersuchungen kam für mich.
Es werden eine Vielzahl unterschiedlicher Untersuchungen gemacht und als das Ergebnis fest stand, die Bedingungen sind gegeben, ein CI - Implantat bringt voraussichtlich eine Verbesserung der Hörleistung, war ich dem heulen nahe.
An einem Morgen holte ich die Post aus dem Briefkasten, Post von der Klinik dabei, oh,
ich machte vorsichtig den Umschlag auf.
Der Operationtermin Mitte Februar 2014, Merkblatt, usw.
Am Anfang war ich noch cool, je näher der Operationstermin kam, wurde es mir mulmiger. Ich sagte mir aber : “Da muss ich durch”
Ich wurde sehr herzlich einen Tag vor der Operation aufgenommen, Gespräche mit dem Stationsarzt, Anästhesist, Operateur und letzte vorbereitende Untersuchungen wurden durchgeführt.
Ich wurde aufgeklärt was, wie, wo, gemacht wird. Welches Risiko besteht.
Am Tag der Operation fahren wir mit dem Bett hinunter in den Operationsbereich.
Ich sehe kurz eine Schwester. Aus.
Als wäre nur eine Sekunde verstrichen wache ich später im Überwachungsraum auf.
Ich habe keine Schmerzen, nur ein Druckgefühl um den Kopf.
Der Verband muss fest gewickelt sein wegen der Operationsschnitte am Ohr.
Nach einiger Zeit holen mich die Schwestern ab und wir fahren mit dem Fahrstuhl hinauf in den 6. Stock HNO Abteilung.
Mein Sohn besucht mich gegen Abend, ich laufe ein Stück mit ihm.
Ich bin etwas wackelig auf den Beinen, aber ein Glücksgefühl ohne gleichen.
Der Doktor kommt und sagt mir das die Operation sehr gut verlaufen sei,
das baut mich auf.
Mein Sohn wurde eine Woche früher operiert.
Wir zwei haben ein sehr gutes Vater/Sohn Verhältnis, da wir manche andere Klippe des Lebens zusammen umschifft haben. Er stand mir wie jetzt immer bei.
Wir haben uns gegenseitig aufgebaut, Mut gemacht. Vor, nach der Operation ausgetauscht.
Er war mir eine große Stütze, Hilfe wenn ich etwas für unnormal hielt im Heilungsprozess.
Die nächsten Tage bin ich manchmal im Krankenhaus etwas aufgewühlt, nachdenklich,aber glücklich durch die Erlebnisse und wie es weiter geht mit meinem Implatat.
Ich sitze gelegentlich nachts auf meinem Bett und schaue auf die Lichter über der Stadt, gelb und weiß, die Ampeln blinken, die Scheinwerfer der Autos leuchten.
Von hoch oben im 6. Stock hat man einen herrlichen Ausblick auf Koblenz, Ehrenbreitstein, alle Stadtteile, die Eifel, den Westerwald.
Ich bin Naturmensch, liebe Wald, Wiesen, Felder, Auen, Bächlein.
Am Tag genieße ich die Regularien der Schwestern und Pfleger, die Fürsorge.
Die tägliche Visite, den Verbandswechsel, Tabletten - Ausgabe, Fieber messen, Spritzen, usw.
Das Frühstück, Mittagessen, Abendessen ist immer ein Genuss.
Ich wähle einen Tag vorher aus und das Tischlein deck dich kommt an nächsten Tag.
Wir Patienten sitzen gemütlich an einer Flurecke zusammen und halten einen Plausch über alles mögliche, da geht die Zeit schnell vorüber.
Da muss ich noch mit Händen und Füssen reden, es ist alles noch tot im Gehör. lachen
Es werden Freundschaften geschlossen, Adressen und Telefonnummern getauscht.
Fortsetzung folgt