Wie klingt für euch das virtuelle Klavier?

  • Ich habe heute mal ein wenig mit dem Virtual Piano herumgespielt, um zu prüfen, wie gut oder schlecht ich Tonhöhen mit dem CI unterscheiden kann.

    Dabei sind mir folgende Dinge aufgefallen:

    • Die meisten Halbtonschritte kann ich unterscheiden (d.h. hören, dass sie leicht unterschiedlich klingen, was schon mal erstaunlich ist), aber kaum etwas klingt "richtig".
    • Keiner der Töne klingt wirklich schön und sauber, wie auf dem gesunden Ohr. Einige klingen sogar irgendwie in sich dissonant oder verzerrt.
    • Die Tasten klingen alle unterschiedlich, als würde jede Taste auf einem anderen Klavier gespielt werden, wobei die meisten davon irgendwie kaputt und verstimmt sind.
    • Einige (tiefere) Töne vibrieren seltsam oder klingen zu lange nach, vier (höhere) Töne in Folge klingen gar nicht nach, sondern sind sofort abgedämpft, usw.
    • Man könnte es auch mit einem Xylophon vergleichen, wo ein paar der Klangstäbe aus anderem Material sind oder aufliegen und nicht frei schwingen können.

    Wie klingt es für euch? Bitte schreibt dazu, was für ein CI ihr benutzt und wie lange ihr damit schon Musik hört. Bei mir ist es ein MED-EL Sonnet 3, ich habe es seit 2 Monaten.

    Kann man erwarten, dass das noch besser wird? Passiert das automatisch im Laufe der Zeit oder braucht man dafür intensiveres musikalisches Hörtraining?

    Woher kommt diese Unterschiedlichkeit im Klang? Ich vermute, es hängt damit zusammen, dass es nur relativ wenige Elektroden gibt (viel weniger als Tasten auf dem Piano) und dass die Zwischentöne daher irgendwie durch "Mischung" zusammen gemogelt werden, und deswegen nicht ganz rein klingen. Dem Gehirn gefällt diese Trickserei nicht, es hört dies vielleicht als Vibration raus. Aber vielleicht gewöhnt es sich noch daran und irgendwann klingen auch die "getricksten" Töne rein?

    Die Töne habe ich direkt auf das CI gestreamt. Es machte dabei keinen Unterschied ob direkt vom Smartphone oder vom PC per AudioLink XT.

  • Hallo Cito,

    bei mir klingt es auch nicht wirklich wie ein Klavier. Der Klang ist dünn, nicht voll. Metallisch.

    Ich finde Xylphon ähnlich - wo wie du beschreibst - trifft es ganz gut.

    Ich habe jetzt fast 2 Jahre ein CI (Kanso). Ich finde es wird besser - aber ist einfach total anderes als mit dem normalen Gehör. Aus meiner Sicht kannst du erwarten, dass es besser wird. Aber ich glaube bei Musik dauert der Prozess viel viel länger als bei Sprache. Übung hilft auf jeden Fall!

    Ich übe mit musicca.com.

    Weitermachen, dranbleiben... Geduld...die Hoffnung nicht aufgeben.

    Lg Uta

    Einseitig ertaubt seit Februar 2023 / Kanso 2 seit September 2023 - dankbar <3

  • Ich mit meinen Kanso2 und ohne Hörschnecke kann alles gut unterscheiden. Ich bin zufrieden und Danke für den Link.

    Rechts Cochlear Kanso 1und Kanso 2 CI Modell 512; OP 25.04.2017 Hörschnecke bis auf dem Stumpf entfernt UNI-KLINIK Halle;
    Links HG AMPLI-CONNECT R 5 ON 312 GN seit September 2021.

    Seit dem 25.10.2021 Upgrade auf Kanso 2
    Zubehör: Cochlear™ Wireless Mini Microphone (Minimikrofon 2+); Telefonclip+ von Resound; ReSound TV Streamer 2

  • Ja, Cito, auch bei mir tönt jeder Ton wie aus einem anderen Klanguniversum. Tonhöhenunterschiede bei benachbarten Tönen sind oft nicht auszumachen. Der Klang von aus solchen Tönen zusammengesetzten Akkorden haben mit dem "Normalhören" nicht mehr viel zu tun. Das habe ich auf meinem Flügel ausgiebig getestet und geübt. Nachdem ich vor fünf Jahren auch auf meinem Nicht-CI-Ohr sprachtaub geworden war, tönten meine eigenen Kompositionen wie auf einem uralten, total verstimmten Klavier gespielt. Mein Fazit nach sechs Jahren Hören mit CI: Tonhöhen erkennen und unterscheiden dürfte in einem kleinen Ausmass trainierbar sein. Das Erkennen von Harmonien bzw. Disharmonien von Akkorden halte ich nicht für möglich. Dafür ist das Frequenzspektrum, das durch die Elektroden abgedeckt wird, ganz einfach viel zu grob.

    Jahrgang 1956. Ab 50igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust rechts, ohne Befund; ab 57igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust Links, ohne Befund
    Implantat Rechts: 9.1.2019 Universitätsklinik Zürich, MED-EL Synchrony; Sprachprozessoren: Sonnet 2 und Rondo2
    Implantat Links: 11.11.2024 Universitätsklinik Zürich, MED-EL Synchrony; Sprachprozessor: Sonnet 2

    Persönlicher CI-Erfahrungsbericht: https://cochlea-implantat-2.jimdofree.com

  • Ich mit meinen Kanso2 und ohne Hörschnecke kann alles gut unterscheiden. Ich bin zufrieden und Danke für den Link.

    Super. Bei mir würde ich noch nicht sagen, dass ich alle Töne "gut" unterscheiden kann. Was mich besonders interessiert ist aber nicht nur, ob man die Töne unterscheiden kann, sondern wie rein und wie homogen sich die Töne anhören.

    D.h. haben sie alle die gleiche Klangfarbe? Klingt es so, also ob wirklich saubere einzelne Tasten von einem Klavier angeschlagen werden (und immer von demselben Klavier egal welche Tonhöhe), klingen sie gleich lange nach, usw.?

    Bei mir ist das Problem, dass sie weder rein noch homogen klingen, d.h. ich höre manchmal Schwingungen und Dissonanzen, obwohl nur ein Ton gespielt wurde, und oft je nach Höhe auch eine unterschiedliche Klangfarbe oder Fehler im Klang (wie abrupter Stopp ohne Ausklingen).

  • Super. Bei mir würde ich noch nicht sagen, dass ich alle Töne "gut" unterscheiden kann. Was mich besonders interessiert ist aber nicht nur, ob man die Töne unterscheiden kann, sondern wie rein und wie homogen sich die Töne anhören.

    Nach meiner Erfahrung ist Reinheit und Homogenität nicht erreichbar. Im besten Fall kann die Unterscheidung der Tonhöhe erreicht werden.

    Jahrgang 1956. Ab 50igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust rechts, ohne Befund; ab 57igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust Links, ohne Befund
    Implantat Rechts: 9.1.2019 Universitätsklinik Zürich, MED-EL Synchrony; Sprachprozessoren: Sonnet 2 und Rondo2
    Implantat Links: 11.11.2024 Universitätsklinik Zürich, MED-EL Synchrony; Sprachprozessor: Sonnet 2

    Persönlicher CI-Erfahrungsbericht: https://cochlea-implantat-2.jimdofree.com

  • Ja, Cito, auch bei mir tönt jeder Ton wie aus einem anderen Klanguniversum. Tonhöhenunterschiede bei benachbarten Tönen sind oft nicht auszumachen. Der Klang von aus solchen Tönen zusammengesetzten Akkorden haben mit dem "Normalhören" nicht mehr viel zu tun. Das habe ich auf meinem Flügel ausgiebig getestet und geübt.

    Danke für die Rückmeldung. Mit dem virtuellen Piano ist es für mich einfacher zu testen, weil ich noch ein normal hörendes Ohr habe. Durch die unterschiedlichen Klangfarben ist es für mich momentan noch schwer, auch einfachste Intervalle (wie Terz vs Oktave) sicher zu unterscheiden, selbst wenn sie hintereinander und nicht als Akkord gespielt werden. Bin mal gespannt, wie weit ich da mit Training noch komme. Ich fürchte auch, dass die Technik uns da irgendwo harte Grenzen setzt.

  • Nach zweieinhalb Jahren kann ich nacheinander gespielte Intervalle und Töne immer häufiger richtig benennen. Anfangs war es auch bei mir so, dass Töne total verstimmt klangen, teils hatte ich sogar das Problem, dass höhere Töne tiefer klangen. Nach und nach hat sich das gebessert. Aber auch heute klingen Töne von der Klangfarbe her teils sehr unterschiedlich. Es könnte mit den Übergangsbereichen zwischen den einzelnen Elektroden zusammenhängen. Ich nehme hier auch abrupte Wechsel in der Klangqualität wahr.

    Das Hören von Melodien oder aufeinanderfolgenden Intervalle hat sich mit Training verbessert, im Hinblick auf mehrstimmige Akkorde habe ich noch immer keine Chance, sie richtig zu benennen. Sogar die Unterscheidung Dur oder Moll funktioniert kaum. Bei den entsprechenden Meludiaübungen (einfacher oder komplexer Klang) mache ich seit Monaten keine wirklichen Fortschritte. Ich vermute, dass das, was Theodor beschreibt, die fehlende Unterscheidung zwischen dissonantem und konsonantem Klang, daher rührt, dass die Obertöne „verstimmt“ sind, so dass sich kein harmonisches Hören ergibt. Das ist aber nur eine Vermutung…

    links: ehemals an Taubheit grenzend, OP am 10.1.23, EA am 26.1.23 mit Rondo 3

    rechts: normal hörend

  • Vielleicht ist das Folgende auch spannend zur Thematik in diesem Thread:

    Music based fitting concepts - anbei Folien, die Prof. Rader (LMU München) vorgestellt hat.

  • Vielleicht ist das Folgende auch spannend zur Thematik in diesem Thread.

    Danke für den Hinweis. Ja, das Thema ABF (anatomy based fitting = anatomiebasierte Anpassung) spielt beim Musik hören auch mit rein. Bisher habe ich das noch nicht ausprobiert, und ich vermute es wird auch (noch?) sehr selten gemacht. Vereinfacht gesagt versucht man damit, das CI möglichst genau auf die individuelle Anatomie der jeweiligen Cochlea abzustimmen. Die Cochlea selbst und wie genau die Elektroden dort drin liegen ist ja individuell sehr verschieden. Per CT, das sowieso immer im Anschluss an die OP zur Kontrolle gemacht wird, wird die genaue Lage der Elektroden im Innenohr bestimmt. Mithilfe spezieller Software (Otoplan bei MED-EL) werden dann die einzelnen Elektroden so eingestellt, dass sie möglichst die Frequenzen stimulieren, wie sie gemäß ihrer Lage im Ohr auch wahrgenommen würden. Hierbei gibt es noch einmal zwei verschiedene Methoden, wie die "richtige" Lage genau definiert wird (SG = Spiral Ganglion und OG = Organ of Corti). Ich kann mir vorstellen, dass man damit das Musikhören etwas verbessern kann. Aber man muss dann auch wieder umlernen (bzw. das bereits gelernte Mapping wieder abtrainieren). Die grundlegenden technologischen Einschränkungen durch die limitierte Zahl von Elektroden und einen mehr oder weniger eingeschränkte Frequenzabdeckung kann hiermit aber auch nicht gelöst werden. Hat jemand ABF schon mit Erfolg ausprobiert?

    Nachtrag: Sehe jetzt erst, dass es in dem Vortrag gar nicht direkt um anatomy based fitting ging (die erste Folie war etwas irreführend), sondern um music based fitting. Das ist in der Tag sehr interessant. Voraussetzung hierfür ist offenbar, dass man ein noch halbwegs intaktes Ohr hat und ein wenig musikalisch geschult ist. Also gleich meine Anschlussfrage: Hat jemand MBF schon mit Erfolg ausprobiert?

    Edited 3 times, last by Cito (June 10, 2025 at 11:30 PM).

  • Hallo

    Ich bin der Meinung, das ein richtiges Instrument die Bessere Lösung ist. Denn man muss es auch spielen. Tun und hören ist der Lerneffekt höher! Und wenn man das nur auf einer Seite trainieren will gibt es auch die Möglichkeit (e piano, e Cello, e Violine usw. )

    Gruß Joachim

  • Ich hab sowohl SG als auch OC basierte Berechnung getestet und beides klang bei mir zu tief. Für mich ist der Klang zwischen den Werten und den Standard-Werten zufriedenstellend.

    Den letzten Satz verstehe ich nicht ganz. Hast du so ein Mapping bekommen oder meinst du es wäre ideal, wenn es dazwischen wäre?

    Bei Musicca.com klingt das Klavier für mich viel besser und natürlicher als bei Virtual Piano. Ich hab das jetzt mal kurz mit dem Smartphone und meinen OverEar-Kopfhörern verglichen.

    Ja, es klingt auch für mich etwas besser. Allerdings deckt es auch nur die mittleren 3 Oktaven ab, während Virtual Piano noch die beiden Oktaven darüber und darunter hat. Und ich bemerke auch ähnliche Effekte, dass einige Töne nachklingen, und andere nicht.

  • Ich habe ein Nucleus 7, aktiviert seit Oktober 2020. Ich habe mir die Töne angehört mit zugehaltenem gut hörenden Ohr. Der Klang ist nicht ganz so schön wie auf dem Naturohr, minimal künstlich, aber ganz klar ein Klavier. Es klingt einheitlich wie von einem einzigen Gerät und ich kann alle Halbtöne voneinander unterscheiden.

    einseitig ehemals an Taubheit grenzend, Implantation am 20.9.19, EA am 24.10.19, Nucleus 7 von Cochlear

    das andere Ohr ist normalhörend

  • Ich habe ein Nucleus 7, aktiviert seit Oktober 2020. Ich habe mir die Töne angehört mit zugehaltenem gut hörenden Ohr. Der Klang ist nicht ganz so schön wie auf dem Naturohr, minimal künstlich, aber ganz klar ein Klavier.

    Danke für die Rückmeldung. Es ist allerdings nicht ganz vergleichbar. Wenn ich mir das gute Ohr zuhalte oder einen Ohrstöpsel rein tue, klingt es bei mir deutlich besser als wenn ich streame, einfach weil ich trotzdem immer noch leise den richtigen Ton mit höre. Aber vermutlich hörst du die Töne tatsächlich nach mehreren Jahren Training schon wesentlich besser als ich.

  • "...Den letzten Satz verstehe ich nicht ganz. Hast du so ein Mapping bekommen oder meinst du es wäre ideal, wenn es dazwischen wäre?..."

    Ich habe auf beiden Seiten eine Map, die so ist. Ich habe die Werte in ein paar Anläufen selber ermittelt und mir dann eintippen lassen.

  • "...Den letzten Satz verstehe ich nicht ganz. Hast du so ein Mapping bekommen oder meinst du es wäre ideal, wenn es dazwischen wäre?..."

    Ich habe auf beiden Seiten eine Map, die so ist. Ich habe die Werte in ein paar Anläufen selber ermittelt und mir dann eintippen lassen.

    Ah ok. Sozusagen das beste aus beiden Welten. Wie kann man denn die passenden Werte für sich ermitteln?

  • Das Erkennen von Harmonien bzw. Disharmonien von Akkorden halte ich nicht für möglich. Dafür ist das Frequenzspektrum, das durch die Elektroden abgedeckt wird, ganz einfach viel zu grob.

    Es erreicht zwar nicht jeder. Erst recht nicht jeder SSDler.

    Aber es ist definitiv möglich, mit CI Akkorde und Dissonanzen zu erkennen und zu problemlos zu unterscheiden. Ich halte es hingehen für nicht möglich, dies bereits nach nur zwei Monaten zu erreichen.

    Denken muss man sowieso. Warum dann nicht gleich positiv?