ZDF Mediathek „Du sollst hören“ ‼️

  • Ach ja.

    DCIG ist dann wohl für einige wenige das G für Gehörlosenkultur. Hier geht es um das Hören mit CI.

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
    --------------------------------
    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Beratungstermine muss man natürlich nicht wahrnehmen. Dann muss man aber schon kommunizieren, dass man sich endgültig entschieden hat. Wenn Arzt oder Klinik in der Luft schweben und nicht wissen, was Sache ist, da finde ich die Reaktion der Klinik schon nachvollziehbar.

    joey hier sind verschiedene Meinungen willkommen! Mich nervt es, wenn hier Mißliebige Personen ausgeschlossen werden.

  • joey

    Wie bereits in Beitrag #63 steht, kann es haftungsrechtliche Gründe haben, warum die Beratungstermine aus der Sicht der Klinik wahrgenommen werden sollten. Später könnte das dann erwachsene Kind eine Schadensersatzklage anstrengen, weil es gehörlos geblieben ist.

    Für das Kleinkind ist es eine sehr weitreichende Entscheidung für seinen Lebensweg, die seine Eltern getroffen haben. Deshalb ist es aus der Sicht der Ärzte wichtig sicherzugehen, ob trotz der Sprachbarriere (Lautsprache vs. Gebärdensprache) auch alle Informationen über die Tragweite der Entscheidung bei den Eltern angekommen sind. Ohne den letzten, aufklärenden Beratungstermin konnte dies offenbar nicht sichergestellt werden. Allerdings war der beratende Arzt grenzwertig vorgegangen, indem er den Eltern rechtliche Schritten androhte und sie (zu) sehr unter Druck setzte.

    Ich vermute, dass die Eltern in ihrer Lebensgeschichte bereits schlechte Erfahrungen und Erlebnisse gemacht hatten, die nicht aufgearbeitet worden sind. Da ist es verständlich, dass sie zu der Klinik und dem Arzt auf Distanz gegangen waren. Ohne den Willen und die Unterstützung der Eltern hätte ein CI bei ihrem Kind keinen Sinn gemacht.

    Es ist allerdings so, dass die ersten Lebensjahre eines Kindes für den späteren Spracherwerb immens wichtig sind. Im späteren Alter sind die Defizite nur schwer bis unmöglich korrigierbar. Das schwerhörige/gehörlose Kleinkind lernt in der Gehörlosenfamilie ohne CI und ohne die Unterstützung der Eltern nur die Gebärdensprache und ggf. auch rudimentär die Lautsprache. Mit CI und mit der Unterstützung der Eltern könnte das Kleinkind bilingual aufwachsen, also mit Gebärdensprache und mit Lautsprache. Beide Sprachen müssen sich nicht gegenseitig ausschließen.

    Die Deaf-Community sehe ich in Zukunft schrumpfen. Die CIs sind für ihre Mitglieder und deren Gehörlosenkultur eine klare Bedrohung, das muss man einmal klar sagen. Wichtig ist in dieser Diskussion auch festzuhalten, dass es ein fundamentaler Unterschied ist, ob ein Erwachsener sich selbstständig für oder gegen ein CI entscheidet oder ob es die Eltern sind, die das für ihren schwerhörigen/gehörlosen Nachwuchs entscheiden. Der Großteil der Eltern ist wahrscheinlich für ein CI bei ihrem Kind, wenn es medizinisch Sinn macht. Jedes Kind mit CI ist aber auch ein zukünftiges Mitglied weniger für die Deaf-Community.


    p.s.: Zur Ergänzung noch die Stellungnahme der DCIG zum ZDF-Film "Du sollst hören" (Schnecke Online, 12.09.2022).

    Einmal editiert, zuletzt von Audi (23. September 2022 um 23:39)

  • Okay, ich versuche es noch einmal, eine Erklärung für meine Reaktion hinzubekommen, mit anderen Worten, in der Hoffnung, dass die besser verstanden werden und dann ist es aber genug für mich, da ich den Eindruck habe, das das hier eh zu nichts führt.

    Noch kurz vorweg, ich habe heute Film und Doku gesehen und fühle mich bestätigt wie ich den Fall Braunschweig sehe. Die einzige Fehlinformation im Film ist meiner Meinung nach die 15 Jahre, nachdem das Implantat ausgetauscht werden muss. Hier im Forum finde ich Fälle wo wegen Defekte, Erkrankungen und dergleichen früher reimplantiert wird aber auch Fälle, die weitaus länger halten. Also ist dieser Punkt ein vielleicht. Ansonsten ist der Film tatsächlich wie Fernsehfilme sind dramatisch aufgebauscht, um ein sehr heikles Thema irgendwie einfach ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, die in der Regel kaum Berührung mit der anderen Welt außer ihrer eigenen haben.

    37Grad kann ich persönlich sehr gut nachempfinden und erklärt, warum einige taube Menschen das CI ablehnen. Nicht alle, das stimmt, denn auch Taube oder Gehörlose Menschen sind verschieden und nicht einheitlich. Und hier komme ich zu meiner Erklärung

    Da leider sehr viele Unwahrheiten über das CI gerade bei gehörlosen Eltern existieren (zB dass da ständig ein Draht durch die Haut durchschaut, etc) wollte der Arzt sicherstellen, dass die Ablehnung gegen das CI nicht auf solchen Falschinformationen basiert. Aber die Eltern sind ja nicht mehr zu einem Termin erschienen, also hat

    Ich habe diese Aussage so verstanden: Da Muggel einige Gehörlose kennt, die nicht wissen, was ein CI ist oder komische Vorstellungen davon haben, sind automatisch die Eltern im Braunschweiger Fall fehlinformiert, weil diese ja auch Gehörlos sind und das CI ablehnen. Selbst der Arzt geht davon aus, das die Eltern nicht genug Informationen haben. Hörende Eltern, die sich gegen ein CI für ihr Kind entscheiden würden und nach dem ersten Beratungsgespräch auf weitere Gespräche verzichten, denen würde man Kindeswohlgefährdung nicht vorwerfen sondern zutrauen, das sie sich gründlich mit dem Thema auseinander gesetzt haben und Gründe für ihre Entscheidung haben. Und die gäbe es auch, da bräuchte ich nur aufmerksam dieses Forum hier lesen, da würde mir Angst und Bange um mein Kind werden. Und tatsächlich, aber das ist meine Meinung, ich respektiere alle anderen, tatsächlich finde ich ein taubes Kind ist nicht krank sondern kerngesund, warum sollte ich es krank machen, ein Leben lang abhängig von Medizinern und Technikern? Da gäbe es nur einen einzigen Grund für mich und der ist, das wir als Familie eine Gemeinsame Sprachebene finden, um das Kind in ein eigenständiges, unabhängiges Leben begleiten können. Das wäre in meiner Familie die Lautsprache, da ich die einzige Ertaubte bin und DGS nicht beherrsche.

    Und deswegen zitiere ich mich hier noch einmal:

    „Ich habe nicht geschrieben, dass Muggel audistisch ist, will ich auch nicht behaupten. Aber die zitierten Aussagen empfinde ich als audistisch.“

    Da ich verstanden habe, das hier dieser kleine Unterschied meiner Aussage nicht so verstanden wird und ich schon gar nicht Muggel hier angreifen möchte wiederhole ich hier auch gleich noch meine Entschuldigung:


    Muggel, falls du dich von mir angegriffen fühlst, möchte ich mich hiermit entschuldigen. Mir ist tatsächlich kein „kleineres“ Wort als Audismus eingefallen. Sinn und Zweck war es, aufzuzeigen, wie schnell man verurteilt wird, wenn die Hintergründe nicht bekannt sind oder man über fremde Menschen urteilt. Wenn die Eltern tatsächlich Arzttermine nicht eingehalten haben, gab es wahrscheinlich

    Ich kenne die Eltern im Braunschweiger Fall nicht und ich war auch bei dem Beratungsgespräch nicht dabei. Ich würde mir niemals anmaßen über sie zu urteilen. Und ich würde es als diskriminierend empfinden, wenn ich nach einem Beratungsgespräch mit einem Arzt zu einer anderen Entscheidung für mein Kind komme, als der Arzt das gerne möchte und dieser mich beim Jugendamt meldet, weil ich mich angeblich nicht richtig informiert habe oder weiteren Einladungen nicht gefolgt bin. Einladungen muss ich erst einmal bestätigen, dann werden sie bindend. Natürlich ist es höflicher sie abzusagen, wer weiß, warum das nicht geschah, ich nicht.

    Fast alle Eltern informieren sich vorher eingehend, was der richtige Weg für ihr Kind ist, zumindest bei so entscheidenden verschiedenen Wegen. Und nur weil es unter den Eltern wiederum, welche gibt, die sich nicht informieren und tatsächlich auch gehörlose Eltern gibt, die nicht wissen, wie ein CI funktioniert oder ausschaut, darf ich nicht automatisch alle Gehörlose Eltern als desinformiert ansehen. Und die Begründung der Eltern sind einleuchtend, deswegen habe ich auch die Stellungnahmen von Menschen hier eingefügt, die sich beruflich, privat schon jahrelang mit diesem Thema befassen, nicht erst seit dem Braunschweiger Fall.

    Das war es von mir. Mehr mag ich dazu nicht mehr schreiben. Zerfetzt mich gerne weiter. Einen Sündenbock braucht man immer und das ist in der Regel derjenige, der nicht ins gleiche Horn bläst.

  • Ich habe mir den Film gestern angesehen und es wurde hier bereits eine Menge dazu gesagt.

    Was mich jedoch berührt hat, war das Schlusswort der Richterin. Ich fand es sehr schön als sie fragte, ob ein Mensch automatisch unglücklich ist, weil er behindert ist... Mit CI bleibt ein Mensch ja trotzdem behindert, das kam dort in meinen Augen nicht so rüber, dennoch ist die Frage insbesondere für Menschen, die behinderte als "Last" ansehen (ich habe bspw so einen Kollegen) eine sehr passende...

    Rechts: MED-EL Sonnet 2 - OP 14.11.2022 - EA 19.12.2022

    Links: MED-EL Sonnet 2 - OP 19.10.2023 - EA 20.11.2023

    "Nicht sehen trennt den Mensch von den Dingen, nicht hören trennt den Mensch vom Menschen" I. Kant

  • Beratungstermine muss man natürlich nicht wahrnehmen. Dann muss man aber schon kommunizieren, dass man sich endgültig entschieden hat. Wenn Arzt oder Klinik in der Luft schweben und nicht wissen, was Sache ist, da finde ich die Reaktion der Klinik schon nachvollziehbar.

    joey hier sind verschiedene Meinungen willkommen! Mich nervt es, wenn hier Mißliebige Personen ausgeschlossen werden.

    Nein muss man nicht. Es ist sicher eine Frage der Höflichkeit. Ob übermotivierte Mediziner mit ihrem Reparaturzwang in der Luft schweben ist mir völlig egal. Denn ich bin für mein Kind verantwortlich. Mit allen Konsequenzen.

    Hier sind die Götter in Weiß und die stets überforderten Mitarbeiter des JA gegen die gerichtliche Wand gelaufen.

    Es gibt nun auch das Recht auf Nichtoptimierung.

    Wir holen doch auch nicht die türkische Großmutter aus dem türkischen Gemüsemarkt und verdonnern sie zu einem Sprachkurs.

    Das die GL Comunity immer kleiner wird ist auch für mich logisch. Das war ja auch für mich einer der Gründe meinen jüngsten implantieren zu lassen.

    Wir selbst standen damals vor der Entscheidung. Auch wenn die Mediziner und Berater uns den Raum gelassen haben uns selbst zu entscheiden war doch unterschwellig immer klar das diese einseitig argumentieren. Das kann Betroffene schon stark verunsichern. Und diese stecken noch viel mehr in der Community fest. Wir haben uns damals ein breites Kreuz zugelegt und in der Community auch Leute mit CI gefunden die unsere Sicht geteilt haben. Das zeigt das zwischen weiss und schwarz noch viel Raum für ganz viele Grautöne bleibt.

    Das die GL Community sich anpassen muss ist auch den meisten klar. Aber wie in jeder Kultur sollte das von innen und mit guten Argumenten passieren und nicht wegen einem Optimierungszwang.

  • Zum Thema Beratungszwang für Eltern. Ich glaube da muss ich Euch einige Illusionen nehmen. Es gibt jede Menge Eltern, die das Thema Gesundheitsfürsorge für die Kinder nicht Ernst genug nehmen, das lässt sich in den Schulen gut beobachten. Es ist teilweise abhängig von der Bildung und dem Nicht-Beherrschen der deutschen Sprache. Es gibt aber auch deutschsprachige Eltern, die es nicht gewuppt bekommen. Bei Kindern, die beim Neugeborenenscreening auffallen, geht ca. ein Drittel der Eltern dem Verdacht nicht eigeniniativ nach! Entweder weil sie es nicht verstehen oder weil sie einfach dickfellig sind, "Wir haben doch kein behindertes Kind." Inzwischen überlegt man, wie man ein Tracking System aufbauen kann.

    Oft ist dann die Schuleingangsuntersuchung das erste Mal der Anlass, dass Kinder wegen schon lange bestehender Probleme behandelt werden. Ein Beratungszwang finde ich zu bestimmten Themen absolut angezeigt. Wie soll man sonst als Pädagoge oder Mediziner erfahren können, ob es eine wohl überlegte Entscheidung ist.

    Zum Thema Offenheit der Beratung bzw. das mehr oder auch weniger subtile Drängen. Wenn man von einer Sache wirklich überzeugt ist, dass wird man m.E. nicht offen beraten können. Da wäre es vielleicht besser, man lässt zwei 100% Überzeugte pro und Contra CI beraten. Wichtig ist dann nur der Respekt, wenn eine Familie einen Weg wählt, den man persönlich nie und nimmer wählen würde.

    Gruß Andrea

  • Zum Thema Offenheit der Beratung bzw. das mehr oder auch weniger subtile Drängen. Wenn man von einer Sache wirklich überzeugt ist, dass wird man m.E. nicht offen beraten können. Da wäre es vielleicht besser, man lässt zwei 100% Überzeugte pro und Contra CI beraten. Wichtig ist dann nur der Respekt, wenn eine Familie einen Weg wählt, den man persönlich nie und nimmer wählen würde.

    Das ist wohl der Knackpunkt und wird vom Elternverband Gehörloser Kinder e.V. gefordert. Die Beratung ist in der Regel wohl sehr einseitig und geht immer in Richtung CI, mit den Alternativen können die Kliniken auch keine Gewinne erwirtschaften. Das wäre für mich auch der Grund, warum ich keinen Bedarf an ein zweites oder drittes Beratungsgespräch hätte sondern die Zeit lieber mit meinem Kindern nutzen würde oder eine unabhängige Beratungsstelle aufsuchen würde.

    Hersteller und Kliniken müssen wirtschaftlich denken, da kann man ihnen keinen Vorwurf machen, so ist das in der Gesellschaft, aber das muss ich mir auch stets bewusst machen, wenn ich in einem Beratungsgespräch bin.

    Klar gibt es genügend Eltern, die von Vorsorgeuntersuchung, Prophylaxe, Frühförderung und dergleichen mehr null Ahnung haben oder einfach ignorieren, weil sie mit ihrem eigenen Leben vielleicht nicht zu Recht kommen oder anderweitige Gründe. Die einen sind Hörend die anderen nicht. Bevor man mit Jugendamt und Gericht draufhaut, muss aber erst einmal für alle ein Beratungszwang gesetzlich verankert sein, sonst ist das schlicht und einfach Diskriminierung. Es müssten alle Eltern, egal ob hoher oder niedriger Bildungsstand, deutschsprachig oder nicht, Lautsprache oder Gebärdensprache und was es sonst noch für Unterschiede gibt, unter Generalverdacht gestellt werden.

  • Ach ja.

    DCIG ist dann wohl für einige wenige das G für Gehörlosenkultur. Hier geht es um das Hören mit CI.

    Nee, das sehe ich nicht so. Ganz und gar nicht. Es gibt keinen Grund, die Gehörlosenkultur irgendwie auszuschließen.

    Ich halte mich bspw auch in einem Autoforum auf, obwohl ich seit Jahren kein Auto mehr selbst fahren kann. Ich erinnere dort aber regelmäßig daran, dass es noch Fußgänger gibt, auf die man doch bitte Rücksicht nimmt. Vergleichbares dürfen Gehörlose und ihnen Nahestehende hier doch selbstverständlich auch anmerken.

    Links: Advanced Bionade 16:12:20 Ersatz von 15:01:21

    Rechts: Cocktail Mix 20:02:20 Ersatz von 11:03:20

    Genesung Op 2

    Die kognitive Potenz hat eine extraordinäre Relevanz für die Dialektik

    Oder anders ausgedrückt

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht darin, dass man durch Praxis einen außerordentlichen Musikgenuss erleben kann, der in der Theorie mancher Technikfanatiker überhaupt nicht möglich ist

    Lachs i. 2 fel

    Ein Leben ohne Musik ist wie ein wasserscheuer Fisch

  • Sanne2

    So wie du das schreibst unterstellst du, dass ausnahmslos alle GL Eltern Besuch vom Jugendamt bekommen und nicht-GL Eltern nicht.

    Den Film kannst du für diese Ansicht nicht als Maßtab heranziehen und erst Recht nicht einen einzigen Fall (Arzt/Klinik), der es in die Öffentlichkeit geschafft hat.

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  • In der Frage zum CI bei Kleinkindern finde ich es richtig, dass im „Braunschweiger Fall“ so entschieden wurde. Anders sähe es aus, wenn durch einen medizinischen Eingriff das Leben eines Kindes gerettet werden könnte und die Eltern entsprechende Maßnahmen verweigern.

    Richtig finde ich die Entscheidung der Eltern trotzdem nicht, aber ich muss das tolerieren.

    Der Regelfall sieht wohl anders aus. Ich denke in diesem konkreten Fall war die gesamte Kommunikation zwischen Arzt, Eltern und Ämtern eine einzige Katastrophe, wohl auch dem Umstand geschuldet dass einfühlsame und offene Kommunikation nicht die Paradedisziplin vieler Mediziner ist.

    Was ich allerdings auch unerträglich finde ist der geäußerte Verdacht, Kliniken würden immer ein CI anraten, weil sie damit Geld verdienen. Wirtschaftliches Denken an bei manchen Ärzten eine treibende Kraft sein, aber Medizinern allgemein so etwas zu unterstellen ist auch nicht okay. Und ja, mir ist bewußt dass Patienten manchmal zu unnötigen Operationen geraten wird.

    Wenn ich Risiken einer CI OP und die dadurch erhaltenen Chancen gegenüber stelle, dann sehe ich auch eher die Vorteile. Ich glaube, diese Sicht kann man einem Mediziner nicht verübeln, da er genau so denken muss.

    Und bevor jemand meint, ich würde leichtfertig solche Entscheidungen gutheißen: wir mussten als Eltern unsere damals wenige Wochen alte Tochter mehrmals (7x) operieren lassen, und jedesmal ging es ihr äußerst schlecht. Und das war keine OP, die Leben retten musste. Mehr möchte ich zu unserem Fall nicht ausführen.

    Bei uns auf der Arbeit könnte ein Gehörloser Mensch - nur mit Gebärdensprache - nicht effektiv arbeiten. Dazu ist Zuviel direkte Kommunikation notwendig. Und nein, es müssen nicht 10 Leute DGS lernen, damit ein Gehörloser dort arbeiten kann. Vielleicht wäre aber gerade dieser Mensch ein guter Mitarbeiter geworden.

    Deshalb halte ich die Entscheidung der Eltern aus dem Braunschweiger Fall für verkehrt. Ich glaube aber, es hätte theoretisch auch anders laufen können.

    Advanced Bionics HiRes Ultra 3D am 01.09.2022 implantiert.

    EA: erfolgt am 29.09.2022

  • Bei Interesse hier gerne nachlesen, Braunschweig scheint nicht der einzige Fall zu sein.

    Kein Cochlear Implantat für zwei gehörlose Kinder. Sozialamt Landkreis Trier-Saarburg übergibt Fall an Jugendamt - Deutsche Gebärdensprache lernen? Verlag Karin Kestner e.K.!
    Das Sozialamt Landkreis Trier-Saarburg hat, bezugnehmend auf den Fall aus Braunschweig, eine gehörlose Familie an das Jugendamt gemeldet, um prüfen zu lassen…
    web.kestner.de

    Es gibt tatsächlich nur wenige Gl Eltern mit Gl Kindern, die meisten sind wohl Coda. Zahlen konnte ich jetzt nicht finden, aber ich habe das so gelernt und gelesen, lasse mich mit entsprechenden Quellen gerne eines Besseren belehren. Von daher, ja, ich kann in einem solchen Fall von einem einzigen Fall ausgehen, der es zufällig in die Öffentlichkeit geschafft hat. Ich bleibe dabei, erst einmal muss es eine gesetzliche Grundlage zum Beratungszwang geben, erst dann kann man gerichtlich dagegen vorgehen, wenn Eltern, wie auch immer sie aufgestellt sind, nicht zum Beratungsgespräch erscheinen und eine andere Entscheidung treffen als Ärzte und öffentliche Meinung das gerne wollen, es sei denn, es geht um lebensrettende Maßnahmen.

    Alles andere ist Fürsorgepflicht der Eltern, sie müssen mit ihrem Kind in der Lage sein diesen oder jenen Weg überhaupt zu gehen. Das Jugendamt hat das Recht bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung sich genauer umzuschauen und wenn nötig mit Sachverständigengutachten einzuschätzen, ob Kindeswohlgefährdung vorliegt und das ist leider in vielen Fällen angebracht und gut so. Die Eltern haben sich gegen den Besuch vom Jugendamt nicht gesperrt sondern die Tür geöffnet. Warum das vor Gericht gezerrt werden musste, ist mir schleierhaft, Aber mit diesem Urteil als Präzedenzfall eigentlich auch wieder gut. Mir tun nur die Familie sehr leid. Unter diesen Bedingungen auch noch Zwillingzuwachs zu bekommen und ständig die Angst im Nacken, das sie einem das eigene Kind weg nehmen. Das wünsche ich niemanden.

  • Sanne2

    Du stellst die Behauptung ohne Quellen auf, dass wenige Gehörlose Eltern auch Gehörlose Kinder bekommen. Wer was anderes behauptet, von dem forderst du Quellen als Beweis ein?

    Das finde ich schräg!

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  • Dani

    Das tut mit natürlich leid, dass Du kein Auto mehr fahren kannst/darfst. Mir geht es wirklich nur darum, beim Thema zu bleiben. Aber egal, wird sich schon wieder beruhigen.

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
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    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
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    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Auszug aus Planetwissen:

    In der Bundesrepublik werden im Schnitt täglich zwei gehörlose Kinder geboren. In rund der Hälfte der Fälle ist die Behinderung genetisch bedingt. Doch auch eine Viruserkrankung der Mutter während der Schwangerschaft oder schwere Erkrankungen im Kleinkindalter können eine Gehörlosigkeit bewirken.

    Gehörlosigkeit ist zum Teil vererbbar, aber viele gehörlose Eltern bekommen hörende Kinder. In Fachkreisen werden sie "CodA-Kinder " genannt – der Name stammt aus dem Englischen und ist eine Abkürzung von "Children of deaf Adults" ("Kinder von gehörlosen Eltern").

    Feste Zahlen kann man gar nicht finden, weil sich die Statistiker schon uneinig ist wer überhaupt gehörlos und wer schwerhörig ist.

    Die Hälfte aller frühkindlichen schweren Hörstörungen sollen nach dem Artikel genetisch bedingt sein. Jetzt gibt es dominante und rezessive Erbgänge. Ich mache es einfach, will ja keinen Fachvortrag halten. Wenn laut dem Artikel im Schnitt zwei Neugeborene pro Tag taub sind. Das eine wegen Medikamente, Alkohol oder Probleme während der Geburt, Schwangerschaft oder sonstigsten. Das andere genetisch bedingt. Und wir jetzt nur mal diese beiden Möglichkeiten auf die Gesamtbevölkerung ca. 80 Millionen Menschen und den von angeblich 80.000 Gehörlosen ( sind jetzt Zahlen, die ich im Netz gefunden habe) umsortieren. Jetzt muss ich noch irgendwie, die Pärchenbildung, wer wird Eltern, unterbringen, diejenigen, die zu jung oder zu alt oder gar keine Kinder wollen weg rechnen. Die genetische Vielfalt unter Gl und Nicht Gl aufteile und noch berechne, bei welcher Menschengruppe eventuell andere Ursachen häufiger auftreten. Wenn ich dass alles in eine halbwegs rechenbare Funktion bekomme, (schaffe ich ich aber nicht, da mit Mathe und Statistiken auf Kriegsfuß stehe) mal angenommen, ich wäre so genial, dann könnte ich hier feste Zahlen nennen. Ich glaube es genügt aber vollkommen die geschätzte 80 Millionen den geschätzten 80 Tausend gegenüber zu stellen, um zu begreifen, das es nicht so viele Gehörlose Eltern geben kann, die Gehörlose Kinder bekommen und sich dagegen wehren, diesen ein CI implantieren zu lassen. Ich lese auch mehr von den sogenannten Coda. Das CI ist eindeutig im Vormarsch, so nehme ich es wahr.

    Ach ja, schräg sein, ist mein Markenzeichen.

  • Viel Text für nichts. Du vergisst die große Gruppe spätertaubter Eltern, deren Kinder meist höred sind. Mutmaßungen über die Partnersuche von gerade mal 80.000 finde ich schon sehr gewagt. Das impliziert, Gehörlose würden sich ausschließlich mit Gehörlosen vereinen.

    Angenommen das wäre so und jedes Pärchen würde im Schnitt 1,5 Kinder bekommen, dann gäbe es bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren pro Tag 2,1 Kinder gehörloser Eltern. Wenn 1 Kind täglich genetisch bedingt taub zur Welt kommt, wären das eine Wahrscheinlichkeit von knapp 50%, dass ein GL Elternpaar ein GL Kind zur Welt bringt.

    ICH empfinde das als ausgesprochen viel. Aber wie auch deine Mutmaßung stehen meine Ausführungen auf genauso wackligen Füßen.

    Nicht falsch verstehen! Ich stehe keineswegs auf dem Standpunkt, dass meine Ausführung die richtige sein muss. Ich habe nur eine Möglichkeit aufgezeigt, dass man auf derselben Basis (deine „Quelle“) zu einem ganz anderen Schluss kommen kann.

    Schräg hingegen finde ich es, wenn man eine Behauptung auf Basis des eigenen Bauchgefühls aufstellt, von gegenteiligen Behauptungen einen Beweis einfordert und bis dahin die eigene Meinung als Tatsache hinstellt.

    Links: Advanced Bionade 16:12:20 Ersatz von 15:01:21

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    Genesung Op 2

    Die kognitive Potenz hat eine extraordinäre Relevanz für die Dialektik

    Oder anders ausgedrückt

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht darin, dass man durch Praxis einen außerordentlichen Musikgenuss erleben kann, der in der Theorie mancher Technikfanatiker überhaupt nicht möglich ist

    Lachs i. 2 fel

    Ein Leben ohne Musik ist wie ein wasserscheuer Fisch

    Einmal editiert, zuletzt von Ni Da (24. September 2022 um 17:17)

  • Ich habe irgendwo mal gelesen, dass 95% der gehörlos geborenen Kinder hörende Eltern haben!

    Im Film wurde übrigens folgende Fakten gegeben:

    - der Vater ist wegen einer Virusinfektion ertaubt

    - die Schwester der Mutter ist hörend

    - beide Kinder sind gehörlos

  • Okay, ich habe eine Quelle gefunden. Hier ein Auszug aus der Dissertation von Regina Leven mit dem Titel Psychische Störungen; Gehörloser und Schwerhöriger Psychotherapie-Patienten; Unter besonderer Berücksichtigung Kommunikativer Aspekte, 1. Aufl. - Hamburg: Verlag Hörgeschädigter Kinder, 1997.

    Ist schon etwas älter, es wird sich an der angegeben Prozentzahl nicht viel geändert haben, S.19:

    „Zu 90% wählen Gehörlose auch Gehörlose (Ehe-) Partner. Da doch ungefähr 90 % der gehörlosen Kinder hörende Eltern haben, die in der Regel nicht der Gehörlosenkultur angehören (es sei denn, es handelt sich um Hörende, die selbst gehörlose Eltern haben), muß eine Zugehörigkeit zur Gehörlosenkultur erst erworben werden. Lediglich die 10 % der Gehörlosen Kinder, die ebenfalls Gehörlose Eltern haben, haben die Möglichkeit, von Kindheit an der Gehörlosenkultur anzugehören.“

    Ich wusste, das ich die Zahlen irgendwo gelesen hatte und da ich heute in Quarantäne bin, hatte ich genug Zeit meine Unterlagen mal wieder zu sortieren und durchzublättern. Das ist kein Bauchgefühl.