• ich möchte mal ein Thema eröffnen, welches mir hier noch nicht begegnet ist, fern von Technik usw.


    Hier im Forum habe ich die Liebe meines Lebens gefunden, ohne sie gesucht zu haben. Beide tragen wir ein CI, während sie auf der einen Seite noch Restgehör hat, bin ich auf beiden Sete gehörlos und trage links mein CI.
    Es gibt Momente, da schmeißen wir uns bzgl. Sprachverstehen weg, weil so abstruse Situationen entstehen. Beide stützen einander und haben Verständnis füreinander, wir begegnen uns vollkommen auf Augenhöhe.

    Wie schaut es bei euch aus? Habt ihr normalhörende Freunde/Partner? Partner mit HG? mit CI?

    Wie ist eure Alltagserfahrung und wie geht ihr damit um? Nimmt ihr vieles persönlich oder begegnet ihr den Situationen mit Humor, ohne euch ernst zu nehmen?

    Für mich war es anfangs ungewohnt, sich gehörlos körperlich zu begegnen, ja Sex zu haben, bin ich absolut auf die Sinne fixiert. Hinzu kam mein Gleichgewichtssinn, der mir nach wie vor einen Strich durch die Rechnung macht..

    Nur durch die Empathie meiner Partnerin und deren Einfühlsvermögen, habe ich mich nicht zurückgezogen und Vertrauen gewonnen.

    Inzwischen genieße ich sogar die Gehörlosen Momente, weil sie mir intimer erscheinen, bewusster, durch die Berührungen, geht man achtsamer damit um.


    Ich möchte mich bei meiner Partnerin bedanken, dass sie so ist wie sie ist und den Mut, die Kraft hat…den Weg gemeinsam mit mir zu gehen. Danke von Herzen..

    <3

    rechts seit Kindheit gehörlos

    links seit Sept.20 gehörlos und seit Okt.20 ein Blechohr mit Nucleus 7 Cochlear

    Implantiert in der Uniklinik Freiburg / Prof.Dr. Aschendorff

  • Lieber Schattentänzer,

    das hat mich sehr berührt. Ich wünsche euch beiden viel Glück und wunderschöne gehörlose Momente.


    Ich habe erstmal überlegt, ob ich deine Frage beantworten mag. Warum nicht?
    Ich bin noch immer mit einem guthörenden Mann verheiratet, wir haben drei Kinder und leben nun aber seit über fünf Jahren getrennt. Er hat sich in eine guthörende Frau verliebt, wollte mit ihr zusammen leben, weil man mit ihr besser lachen kann zum Beispiel. Dabei bin ich keineswegs humorfrei sondern habe eben eine andere Art aufgrund meines Hörvermögen. Was soll’s, mit der anderen ist er auch nicht glücklich geworden, jetzt leben wir beide eben allein. Und das ist wohl auch erstmal gut so, habe genug mit den drei Kindern am Hut, die diese Trennung noch nicht wirklich verdaut haben.


    Herzliche Grüße an euch zwei

  • Ich trage beidseitig ein Cochlear Implantat und lebe mit einem normalen Hörenden in einer Partnerschaft. Ich hatte leider nicht viel mit Gehörlosen zu tun gehabt. Das hat was damit zu tun, weil ich keine Gebärdensprache kann, weil ich auditiv-verbal erzogen wurde und normale Regeleinrichtungen besucht hatte.

  • Wow, ich freue mich sehr für euch und finde es auch super, dass Du glücklich bist und Dich dadurch mehr öffnen kannst, überhaupt dass ihr das Leben leichter nehmen könnt.
    Ich kann leider nur von der Zeit vor den CIs reden: ich war immer mit normalhörenden Frauen zusammen, teilweise sogar Frauen denen Hören durch ihre musikalische Ausbildung sehr wichtig war. Also das Verständnis für das Nichtverstehen war bei ihnen immer da, das habe ich auch an ihnen bewundert. Was weniger klappte war das Verständnis für die Folgen, die eine Hörschädigung so mit sich bringt: die sogenannte "lange Leitung", die Ernsthaftigkeit und Informationsfixiertheit beim Zuhören und eben auch das nicht funktionierende Gleichgewicht (eine rastete regelrecht aus, weil ich beim Skifahren keine schöne Spur für sie machen konnte). Dazu muss ich sagen, dass ich das Verständnis dafür auch viel zu wenig eingefordert habe und meistens drauf hoffte das sich das mit der Zeit von selbst löst. Im Nachhinein frage ich mich aber auch, ob ich mit der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit überhaupt die Kraft und Möglichkeiten dazu hatte, offensiv mit der Hörschädigung umzugehen.
    Wenn ihr euch also so verständnisvoll und mit Leichtigkeit begegnen könnt, dann seid froh, das macht das Leben wesentlich einfacher.

    links: wahrscheinlich von Geburt an taub; OP: 29.06.2015 Med El Synchrony + Standard Elektrode; EA: am 04.08.2015;
    rechts: seit 14 mehrere Hörstürze, ertaubt; OP: 29.06.2015 Med El Synchrony + Standard Elektrode; EA: am 04.08.2015;
    OP, Anpassung und Nachsorge im Krankenhaus Martha-Maria in München-Solln

  • Lieber Schattentänzer,

    das hat mich sehr berührt. Ich wünsche euch beiden viel Glück und wunderschöne gehörlose Momente.


    Ich habe erstmal überlegt, ob ich deine Frage beantworten mag. Warum nicht?
    Ich bin noch immer mit einem guthörenden Mann verheiratet, wir haben drei Kinder und leben nun aber seit über fünf Jahren getrennt. Er hat sich in eine guthörende Frau verliebt, wollte mit ihr zusammen leben, weil man mit ihr besser lachen kann zum Beispiel. Dabei bin ich keineswegs humorfrei sondern habe eben eine andere Art aufgrund meines Hörvermögen. Was soll’s, mit der anderen ist er auch nicht glücklich geworden, jetzt leben wir beide eben allein. Und das ist wohl auch erstmal gut so, habe genug mit den drei Kindern am Hut, die diese Trennung noch nicht wirklich verdaut haben.


    Herzliche Grüße an euch zwei

    Hallo Sanne

    bei mir ist das genau anders herum. Ich habe mich von meiner Frau getrennt, weil sie anders als ich sowohl guthörend als auch gutsehend ist und sie mich im Lauf der letzten Jahre zunehmend überforderte. So bitter es klingt, seit der Trennung bin ich um Größenordnungen erholter. Man kann an Wochenenden endlich wieder was mit mir anfangen. Ich bin seitdem regelmäßig mit Leuten zusammen, die dieselben beiden Einschränkungen haben wie ich. Und dort ist das gegenseitige Verständnis eine Wohltat,.die seinesgleichen sucht.

    Für Kinder ist die Trennung ihrer Eltern immer schwer (oder sollte es sein). Meine Kinder sind seit der Trennung immerhin schon in einem Alter, in dem sie selbständig leben können.

    Für mich kommt nur noch eine Partnerin in Frage, die selbst wie ich eingeschränkt ist. Und das obwohl ich bis vor kurzem ausschließlich unter Normalhörenden unterwegs war und trotz hochgradiger Schwerhörigkeit auf eine Regelschule ging.

    Edit:

    Nur um es nochmal klar zu stellen: ich spreche nur für mich. ICH komme mit der Welt der Nornalhörenden nicht auf Dauer zurecht und bin auch kein Maßstab. Ich kenne CI Träger, die sehr wohl mit normalhörenden Partner klar kommen.

    Links: Advanced Bionade 16:12:20 Ersatz von 15:01:21

    Rechts: Cocktail Mix 20:02:20 Ersatz von 11:03:20

    Genesung Op 2

    Die kognitive Potenz hat eine extraordinäre Relevanz für die Dialektik

    Oder anders ausgedrückt

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht darin, dass man durch Praxis einen außerordentlichen Musikgenuss erleben kann, der in der Theorie mancher Technikfanatiker überhaupt nicht möglich ist

    Lachs i. 2 fel

    Ein Leben ohne Musik ist wie ein wasserscheuer Fisch

    Einmal editiert, zuletzt von Ni Da (27. Februar 2022 um 23:52)

  • Für mich kommt nur noch eine Partnerin in Frage, die selbst wie ich eingeschränkt ist. Und das obwohl ich bis vor kurzem ausschließlich unter Normalhörenden unterwegs war und trotz hochgradiger Schwerhörigkeit auf eine Regelschule ging.

    Ich denke, das wird tatsächlich der bessere Weg sein.

    Wenn die Zeit reif ist, werde ich mir Gedanken darüber machen. Im Moment bin ich mit Spitzohren und Schlappohren befreundet und beide sind mir gleich lieb. Wir haben alle unsere Macken und verstehen und akzeptieren die der anderen. In einer Beziehung ist das noch einmal was anderes. Seitdem ich allein lebe, fühle ich mich freier und nicht mehr so bevormundet. Ich kann mich nicht mehr hinter meiner Hörschädigung verstecken sondern muss trotzdem alles geregelt bekommen und ich schaffe das auch. Von daher kann ich der Trennung auch viel positives abgewinnen. Ich bin daran gewachsen und unabhängig geworden.

  • ein tolles Thema wurde hier aufgegriffen. Bei Gelegenheit werde ich auch was dazu schreiben.
    grüße aus dem Saarland

    Bernd🦻🦻

    von Geburt an an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beider Ohren durch Vererbung (Opa, Vater, Bruder)
    et kütt wie et kütt:D

  • Ich mache ganz unterschiedliche Erfahrungen. Für meinen Mann ist es schwierig zu akzeptieren, dass die vermeintlich "intakte" Frau nach und nach zu ihren Einschränkungen steht und sich nicht grundsätzlich an die normal Hörende und Sehende Welt anpasst, bzw. es nicht mehr geht. Ich falle langsam aber sicher durch das Fortschreiten der Behinderungen auf, und damit hat mein Mann seine Schwierigkeiten. Das ist nicht böse gemeint, aber der Satz: als Partner ist man durch die Behinderung des anderen auch ganz schön eingeschränkt hat mich getroffen. Er hinkt in der Akzeptanz immer hinter mir her und das führt zu Konflikten, die mich sehr anstrengen. Da kann ich Dani sehr sehr gut verstehen.

    Auf der anderen Seite habe ich Bekannte ohne Einschränkungen, bei denen ich mich überhaupt nicht behindert fühle, weil sie im Blick haben, wann ich Hilfe brauche und wann ich was alleine mache. Die nicht genervt sind, weil sie gesprochenes wiederholen müssen, die nicht davon ausgehen, dass man das Hörgerät nur für die anderen trägt, damit sie es leichter haben.

    Es ist ein Prozess für die Partner, und ich glaube auch, dass das Zusammenleben einfacher ist, wenn man einander versteht und weiß, was man braucht.

    rechts: CI, N6 von Cochlear seit 3/2016,

    reimplantiert 3/2019,

    Entfernung des Implantates aufgrund eines großräumigen Cholesteatoms 12/2021

    reimplantiert 3/2022, CI 622, N7 von Chochlear

    links: HG Omnia 4 von Resound

    Mein Motto: Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten und weitergehen

  • Hallo Schattentänzer,

    ich finde es super, dass Du dieses Thema aufgemacht hast. Vermutlich sind wir alle davon in irgendeiner Weise betroffen.

    Da ich noch bis vor Kurzem einseitig halbwegs normal gehört habe, ist mein Partner normalhörenden und wir haben die damit verbundenen Schwierigkeiten. Wie macht man begreiflich, was Schwerhörigkeit alles an Folgen mit sich bringt. Wie verklickert man dem anderen, dass weder HG‘s noch CI’s ein normales Hören bringen. Und wie lerne ich endlich, allen anderen zu sagen, was ich brauche und das sie sich jetzt halt nach mir richten müssen, wenn Kommunikation funktionieren soll.

    Leider gehört Empathie nicht zu den Stärken meines Freundes, dafür aber ein stoisches Ertragen schwieriger Situationen😉 Allerdings wirkt es sich natürlich auch aus, dass ich mich durch den Hörverlust verändert habe. Nicht mit sich selbst im Reinen zu sein, macht Stolpersteine in einer Beziehung ja nicht kleiner. Mittlerweile funktioniert es, natürlich auch dank der beiden Blechohren, ganz gut. Er leidet aber schon darunter, dass ich mich insgesamt zurückgezogen habe. Unser gesamtes Umfeld ist gut hörend und das überfordert mich immer noch.

    Körperliche Nähe ohne CI’s finde ich schwierig und schiebe das Thema ehrlich gesagt noch vor mir her.

    Links: Cochlear seit 16.8.21

    Rechts: Cochlear seit 15.11.21

  • Ich bin in einer Familie wo nur der Hund normal hört. ;)
    Meine Frau kenne ich aus der Schule und bei meinen Kids haben leider meine Gene hinsichtlich der Ohren voll durchgeschlagen. Wir können dadurch mit der Hörschädigung ganz gut umgehen aber trotzdem ist diese für viele Missverständnisse verantwortlich.

  • Das sind ja echt schöne Geschichten. Sowas berührt einem schon das Herz.

    GrußNorbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
    --------------------------------
    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Ein tolles Thema, danke für den Thread!

    Mein Mann und meine Mädels sind normal hörend - in meiner Familie, auch seitens der Eltern, Großeltern usw., bin ich diejenige, die hörmäßig "aus der Reihe" schlägt.

    Für meinen Mann war meine Hörbehinderung nie ein Problem, zumal wir uns in der Zeit kennen gelernt haben, als ich meine Hörbehinderung jahrzehntelang vor mir selbst verleugnet habe und ich stur "normal" leben wollte.

    Als die Mädels geboren wurden, hatte mein Mann nachts einen leichteren Schlaf, um mitzubekommen, falls etwas mit den Kids in der Nacht ist. Er wusste instinktiv, dass ich, wenn ich einmal schlafe, so schnell nicht mehr wach zu bekommen bin ^^ .

    Meine Mädels kennen es nicht anders, als dass die Mam hörbehindert ist und ohne Technik nicht viel mitbekommt. Da ich beim Telefonieren, bereits mein Leben lang trotz an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, mein HG ausziehe und irgendwo ablege und dann oft nicht mehr wiederfinde, waren die beiden Mädels oft gute HG-Finder. Es ist und war für sie selbstverständlich. Allerdings hat mir meine jüngste (inzwischen 19 Jahre alt), am Wochenende erst noch erzählt, dass sie in der 7. Klasse wegen meiner Hörbehinderung gehänselt wurde. Das hat mich schon sehr schockiert: zum einen die Tatsache, dass meine Tochter wegen mir gehänselt wurde und zum anderen, dass sie es meinem Mann und mir erst jetzt erzählt hat. Es klang aber zum Glück kein negativer Unterton gegen meine Hörbehinderung mit.

    Den Schritt zur CI-OP sind mein Mann und ich damals gemeinsam gegangen und er hat mich in dieser wirklich sehr schwierigen Zeit mich unglaublich unterstützt. Er ist auch derjenige, der feststellt, dass mir das CI sehr gut tut und mich sehr unterstützt. Allerdings mussten wir beide lernen, mit der Hörbehinderung und den erforderlichen Hörpausen, die ich vor der CI-OP nie gemacht habe, umzugehen.

    Ich bin sehr froh und stolz, dass mein Mann und meine Mädels mir so zur Seite gestanden haben und immer noch stehen :love: .

    Ich wünsche euch allen eine gut und vor allem von gegenseitigen Respekt und Liebe gekennzeichnete Partnerschaft <3.

    Viele Grüße

    SaSel

    Von Geburt an hochgradig schwerhörig beidseitig, im Laufe der Jahre an Taubheit grenzend schwerhörig beidseitig
    OP rechts am 31.05.2017 Uni Köln, EA am 17.07.2017, Cochlear Kanso
    links HG, zurzeit Resound Linx wegen Kompatibilität zu Cochlear

  • Mein Mann hat gefragt als der Aspekt CI auf den Tisch kam - Welches Ohr war das bei Dir nochmal ? 8o Soviel zum Thema Nähe.

    Ich muß allerdings auch daran arbeiten auf meine Hörschädigung zu achten, habe aber immer noch den Anspruch "wie vorher" zu sein...

    Gruß

    Frau Mono

  • Das ist ein sehr spannendes Thema. Auch ich Ecke immer wieder bei meiner Familie an. Lebe schon lange allein und es ist nicht immer einfach. Habe noch drei Schwestern und drei Brüder. Bin von den Mädels die jüngere Schwester und gerade mit denen ist es immer wieder schwierig. Sie scheinen es einfach nicht nachvollziehen zu können, dass ich trotz CI, s vieles im Gespräch nicht mitbekomme. Das geht nun schon seit Jahren so. Wenn ich etwas nicht mitbekommen habe und das Thema später irgendwann wieder auf den Tisch kommt und ich verdutzt frage wann das besprochen wurde, wird immer gesagt, ja dann musst du nachfragen wenn du es nicht mitbekommen hast. Sie verstehen den Unterschied zwischen „ nicht mitbekommen“ und „ nicht verstanden“ einfach nicht. Oder aber, wenn wir zusammen sind und es kommen Bekannte dazu, meinen Sie, sie müssten diejenigen darauf Aufmerksam machen, dass sie lauter sprechen müssen weil ich schlecht höre. Dabei habe ich kein Problem damit, Außenstehenden zu sagen, das ich das Mundbild beim Gespräch brauche, da ich nur mit Technik hören kann. Dann fühle ich mich immer wie ein Kind was sich nicht äußern kann. Das macht mich richtig wütend. Rücksicht ist ein schwieriges Thema in der Familie. Und ohne einen Partner an der Seite bin ich sehr verwundbar geworden.

    Freunde und Bekannte dagegen, haben überhaupt kein Problem mit meiner „ Behinderung“. Nur die engste Familie hat Probleme damit. Das tut weh. 😢

    linkes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 6 CP 910 seit dem 14.02.2017
    rechtes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 7 CP 1000seit dem 20.09.2018

    Man ist nicht behindert, man wird behindert!

  • Hallo Viola,

    ich bin mit einer großen Familie geschlagen gesegnet. Unsere Eltern leben glücklicherweise beide noch und inzwischen laufen oder krabbeln auch eine ansehnliche Zahl von Kindern auf Familienfeiern herum, und es kommen absehbar noch weitere Kinder dazu. Ich liebe alle, aber es ist laut und ich verstehe nichts.

    Besonders meine Schwägerinnen glucken zusammen, sehen nicht nach den Kindern und genießen die Zeit. Die vier Ältesten sind alles Mädchen und in kurzen Zeitabständen geboren. Sie sind als Qartett in der Lage, in Null Komma Nix ein Zimmer in ein Schlachtfeld zu verwandeln und/oder sich unter Geheule in die Haare zu geraten. Nach den Kindern sieht dann meine Mutter, und weil ich nicht will, dass Mutter sich so anstrengt, sehe ich dann auch nach den Kindern, und da ich eh nix verstehe, gehe ich dann zumindest bei guten Wetter und mit dem jeweils jüngsten Kind im Kinderwagen raus. Es ist zum K*, besonders dann wenn ich gefragt werde, ob ich noch spazieren gehe werde, weil dann könnte ich xyz ja noch mitnehmen. Eine Schwägerin hat einen Hund, den ich dann für sie praktischerweise auch mitnehmen soll. Da weigere ich mich dann aber. Soweit kommt es noch, dass ich mit Tütchen Hundesch* aufsammele.

    Zu mir sagt zwar keiner in genervten Tonfall, das haben wir doch schon mal besprochen, aber Gesprächsdiziplin wird nicht gehalten. Und das blöde an großen Familien ist, dass parallel mehrere Gesprächsgruppen in einem Raum gibt. Ich habe da resigniert, das ständige Nachfragen kostet zu viel Mühe und oft sind die Inhalte der Mühe nicht wert. Mich verletzt auch, dass einige mit dem Rücken zu mir und viel Krach drumherum zu mir sprechen, obwohl ich schon sooo oft gesagt habe, wie ich die Kommunikation brauche. Freunde und Kollegen nehmen mehr Rücksicht.

  • Genau das meine ich Andrea. Denen ist gar nicht bewusst was es heißt Hörbehindert zu sein trotz CI. Man sieht es ja auch gar nicht so sehr. Außerdem meinen meine Schwestern immer, ich sollte mir doch die Haare wachsen lassen, damit man meine „ Behinderung“ nicht sofort sieht, deshalb würde ich auch keinen neuen Partner finden. 😡 Sich immer wieder mit Anderen damit aussetzen zu müssen ist anstrengend und bitter. Sie meinen einfach immer nur lauter sprechen zu müssen damit ich was verstehe. Ich habe das schon X-mal erklärt, dass Lautstärke eher unangenehm ist, doch wirklich interessieren tut es keinem in der Familie. Selbst Videos von CI-Implantierten, wo genau gezeigt wird wie das Hören damit funktioniert und worauf es ankommt, verpufft bei denen. Das ist einfach nur traurig. Ich glaube, Menschen die körperlich eingeschränkt sind werden besser wahrgenommen als solche, wo man die Behinderung nicht sofort bemerkt. Vielleicht liege ich falsch damit, aber dass ist mein subjektives Empfinden. Meistens komme ich damit aus ganz gut klar, aber das wird eben immer schwieriger im Alter. Wie heißt es so schön „ Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde schon“. Nicht falsch verstehen, ich liebe meine Familie bin froh dass ich sie habe, aber wirklich teilhaben am Leben meiner Liebsten kann ich nicht. 😢

    linkes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 6 CP 910 seit dem 14.02.2017
    rechtes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 7 CP 1000seit dem 20.09.2018

    Man ist nicht behindert, man wird behindert!

  • Ich bin spät ertaubt (mit 45) und trage seit 1997 CI. Wäre genug Zeit für mein Umfeld, sich damit anzufreunden. Und ich möchte einfach nicht mehr erklären, warum "aufpassen" "anstrengen" "logisch denken" wenig erfolgreich sind.

  • Hallo

    Ich bin auch nicht gerade bereit ständig erklären zu müssen das ich schwerhörig bin und dann sortiere ich auch aus ob mir jemand wichtig oder nicht, und notfalls lasse ich den jenigen auch einfach stehen!!!

    Gruß Joachim

  • Hallo Joachim, bei der Familie ist das nicht so einfach. Bei Fremden sowieso.

    Da ich allein lebe brauche ich schonmal Hilfe wie zB beim letzten Umzug. Da muss dann die Familie mit ran. Mein Freunde wohnen alle weiter weg, sodass die nicht immer sofort können. Beim Umzug waren sie aber sofort zur Stelle.

    Gruß Manuela

    linkes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 6 CP 910 seit dem 14.02.2017
    rechtes Ohr Cochlear Implantat Nukleus 7 CP 1000seit dem 20.09.2018

    Man ist nicht behindert, man wird behindert!