Musik machen und hören mit CI

  • Ich bin bimodal versorgt und merke es gerade bei Musik (im Auto höre ich natürlich ganz normal Radio), dass das CI nicht so weit runterkommt wie das Hörgerät. Die ganz tiefen Töne hört man gar nicht und die tiefen Töne sind im CI dünner als es mir lieb ist. (Wobei ich vielleicht auch eine Fehlprägung habe, da ich die Tiefen seit Geburt besser hören konnte als die Höhen.)

  • Natürlich kann ich die sehr tiefen Töne hören, aber halt nur mit Hörgerät nicht mit mit dem CI. Die Haarsinneszellen für die tiefen Töne sitzen in der Schneckenspitze, aber selbst die längere MedEl Elektrode wird nicht bis zum Anschlag geschoben. D.h. die defekten Haarsinneszellen in der Spitze werden nicht durch eine Elektrode überbrückt.

    Nun ist es beim CI möglich, jeder Elektrode einen fast beliebigen Frequenzbereich zuzuordnen. Das bedeutet bei CI Trägern, dass beispielsweise bei einem Ton von 1000 Hz ein anderer Bereich gereizt wird als bei Normalhörenden. Deshalb nehmen viel Leute die Töne anfangs schräg wahr. Das Gehirn transponiert die Wahrnehmung irgendwann wieder in Etwa dahin, wo es hingehört. Wenn jedoch der Frequenzbereich mit den sehr tiefen Tönen gar nicht an die Elektrode weiter gereicht wird, gibt es natürlich nichts zu transponieren. Beidseitige CI Träger merken das auch gar nicht, da beide CIs bezgl. der Frequenzbelegung auf den Elektroden ähnlich eingestellt sind, Leute mit einem natürlichen Tieftongehör und SSD merken das aber schon.

    Auch wenn beim EAS das natürliche Restgehör verschwindet, werden ja die Frequenzbelegungen der Elektroden geändert, oder auch dann, wenn Elektroden abgeschaltet werden müssen.

  • Ich weiß jetzt nicht was Du meinst????

    Wäre mein i.O. hätte ich kein CI. Im Gegensatz zu Dir habe ich auf dem operierten Ohr keine natürlichen Reste mehr. Das wenige was da war, wurde bei der OP zerstört. Der letzte Hörrest war im Übrigen im Tieftonbereich.

    Mir scheint, Du stellst die Aussage in Frage, dass man beim CI nur einen Frequenzbereich hört, der durch die MAP des CIs gesteuert wird und dass die Töne von je Programmierung und Hersteller unterhalb von 70-100 Hz nicht durchgereicht werden. Dem ist aber so. Wer noch einen natürlichen Hörrest hat, wird es trotzdem wahrnehmen, die anderen aber nicht. Trotzdem empfinden viele Betroffene Musik als schön.

  • Nun lasst mal gut sein.

    Es ist und bleibt das Wichtigste, wieder mit der Sprache kommunizieren zu können. Hatte gestern noch ein Ferngespräch mit einer fremden Person. Und hat super geklappt. Freu.....

    Gruß Norbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
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    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Meine Erfahrungen mit dem CI-Musikhören werden für Dich nicht ermutigend sein. Meine Situation: CI rechts seit zweieinhalb Jahren (ohne Restgehör). HG-links mit Restgehör in den tiefen Frequenzen, jedoch ohne Sprachverstehen. Das Sprachverstehen konnte durch das CI erhalten und verbessert werden, worüber ich sehr glücklich bin.

    Bis vor rund drei Jahren konnte ich Musik noch voll geniessen, darunter auch mein eigenes Klavierspiel im Duo mit Kontrabass/Cello. Mit dem CI habe ich beim Hören von Musik ein komplett anderes Hörerlebnis. Beispiel Klavier: Ganz hohe Einzeltöne höre ich in einzigartiger Klarheit. Je tiefer es runtergeht, umso schräger wird es, insbesonders weil zum Teil tiefere Töne höher klingen als ihre Vorgänger. DIe Hörwahrnehmung von Akkorden hat mit der Erinnerung an ihren Natur-Ohr-Klang nichts mehr gemein. Die von mir selbst komponierten Stücke kamen wir vor wie zerschlissene Anzüge.

    Ich hatte mein neues Klavier-Hören über Monate ausgiebig erkundet und dabei keine Veränderungen festgestellt. Meinen Flügel habe ich in der Folge verkauft, weil mich sein Klang nur noch deprimierte, so schön er auch als Möbel blieb. Ich höre eigeninitiativ keine Musik mehr, da ich derzeit noch nicht offen dafür bin, an der CI-Musik-Klangwelt Gefallen zu finden.

    Wie Magneto beschrieben hat, wird es aus technischen Gründen vorderhand nicht möglich sein, mit einem CI das Musikhören gesunder Ohren zu erzeugen. Wer dem CI-Musikerlebnis mit einer positiven Einstellung gegenübertreten kann, wird jedoch gute Chancen haben, Freude daran zu entwickeln. Gegenseitig austauschen darüber wird er sich allerdings wohl nur mit CI-Trägern können.

    Jahrgang 1956. Ab 50igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust rechts, ohne Befund; ab 57igstem Lebensjahr progressiver Hörverlust Links, ohne Befund

    Implantat-Rechts 9.1.2019 Universitätsklinik Zürich, Synchrony mit Flex28-Elektrodenkabel von MED-EL; Sprachprozessor: Rondo2 ab Feb. 2019; Sonnet 2 ab Nov. 2019

    Links: Hörgerät Pure 5 (Signia); Hörverlust 100% (CPT-AMA, Messung 06.2022)

    Persönlicher CI-Erfahrungsbericht: https://cochlea-implantat-2.jimdofree.com

  • Da gibt es eine, meiner Meinung nach, eine gute Musik-CD für Implantatträger zum Hörtraining.
    Gibt es Kostenlos bei Cochlear.
    Titel: Frankfurter Musik-Trainings-DVD für CI-Träger.
    Es grüßt der Biker

    Bilder

    Rechts Cochlear Kanso 1und Kanso 2 CI Modell 512; OP 25.04.2017 Hörschnecke bis auf dem Stumpf entfernt UNI-KLINIK Halle;
    Links HG AMPLI-CONNECT R 5 ON 312 GN seit September 2021.

    Seit dem 25.10.2021 Upgrade auf Kanso 2
    Zubehör: Cochlear™ Wireless Mini Microphone (Minimikrofon 2+); Telefonclip+ von Resound; ReSound TV Streamer 2

  • Es kommt halt immer auf die Arbeit an, und was man dafür leisten muß.

    Nun ja, bis vor der Pandemie hatte ich als Musiker mit Konzerten Geld verdient und als Redakteur auch mit Konzertberichten. Ein ebenfalls nicht unwesentlicher Teil meiner Arbeit besteht aus CD-Rezensionen und auch Interviews (meist über Skype).

    Das heißt, ein Großteil meiner Einnahmequellen würde zumindest für die Zeit der Reha wegbrechen. Zudem bin ich kein fest angestellter Redakteur, sondern Freiberufler. Die regelmäßigen Aufträge die ich bekomme, würden wegbrechen und ich hätte kein Anrecht auf Lohnfortzahlung. Meine Auftraggeber müssten auf andere Redakteure zurückgreifen, was bedeuten könnte, dass ich beim Wiedereinstieg auch nicht mehr dieselbe Anzahl Aufträge bekommen würde.

    Das Sprachverstehen konnte durch das CI erhalten und verbessert werden, worüber ich sehr glücklich bin.

    Das freut mich sehr für dich!

    DIe Hörwahrnehmung von Akkorden hat mit der Erinnerung an ihren Natur-Ohr-Klang nichts mehr gemein. Die von mir selbst komponierten Stücke kamen wir vor wie zerschlissene Anzüge.

    Ich hatte mein neues Klavier-Hören über Monate ausgiebig erkundet und dabei keine Veränderungen festgestellt. Meinen Flügel habe ich in der Folge verkauft, weil mich sein Klang nur noch deprimierte, so schön er auch als Möbel blieb. Ich höre eigeninitiativ keine Musik mehr, da ich derzeit noch nicht offen dafür bin, an der CI-Musik-Klangwelt Gefallen zu finden.

    Das wiederum tut mir sehr leid!

    Wer dem CI-Musikerlebnis mit einer positiven Einstellung gegenübertreten kann, wird jedoch gute Chancen haben, Freude daran zu entwickeln. Gegenseitig austauschen darüber wird er sich allerdings wohl nur mit CI-Trägern können.

    Nun ja, die Musik, die ich höre, ist mehr als 100 Jahre alt, hat seither viele verschiedene neue Ausprägungen und Stile entwickelt und es gibt sie von spartanischen Solostücken, bis hin zu opulenten Arragements. Sie ist für mich nicht nur die Musik, die ich liebe, mache und über die ich berichte, sondern sie ist für mich auch Lebensgefühl und Lebensphilosophie. Sie bietet nahezu alles, was ich musikalisch brauche und entsprechend gering ist mein Interesse, durch ein verändertes Klangerlebnis neue Musik zu entdecken. Ich möchte das, was ich kenne und für das ich auch mehr oder minder ein Kenner mit viel Fachwissen bin, gern so lange wie möglich bewahren.


    @all

    Also bei mir stehen eh gerade neue Hörgeräte an und da es heißt, dass sich die Technik in den letzten Jahren weiterentwickelt hat, habe ich beschlossen, die erst einmal ausgiebig zu testen und die CI-Entscheidung für diese Zeit aufzuschieben.

    Da das nicht aus der Welt ist, werde ich weiterhin hier bleiben, mitlesen, mich sicherlich hier und da auch mal zu Wort melden und vermutlich auch diverse weitere Fragen haben, sollte ich mich fürs CI entscheiden.

    Nochmals vielen Dank für all die Antworten, die meinen Horizont erweitert und meine vorläufige Entscheidungsfindung erleichtert haben!

  • Das heißt, ein Großteil meiner Einnahmequellen würde zumindest für die Zeit der Reha wegbrechen. Zudem bin ich kein fest angestellter Redakteur, sondern Freiberufler. Die regelmäßigen Aufträge die ich bekomme, würden wegbrechen und ich hätte kein Anrecht auf Lohnfortzahlung. Meine Auftraggeber müssten auf andere Redakteure zurückgreifen, was bedeuten könnte, dass ich beim Wiedereinstieg auch nicht mehr dieselbe Anzahl Aufträge bekommen würde.

    Ich hoffe, du hast auch dafür vorgesorgt (z.B. Versicherung, hohe Kante, ...). Das ist schließlich die Pflicht eines Selbständigen oder Freiberuflers. Es gibt diverse Gründe, warum das aktuelle Einkommen wegbrechen kann. Auch plötzliche völlige Taubheit kann von einem auf den nächsten Tag passieren. Oder weniger krass: innerhalb eines Jahres, was auch extrem kurz ist. Diverse andere Krankheiten können auch einem das Leben schwer machen. Glaub mir, ich weiß von was ich als ehemaliger Selbständiger rede.

    Ich bin auf Musik glücklicherweise nicht angewiesen. Mein Hörverlust war so, dass ich dachte, ich könnte damit problemlos leben. Tatsächlich sich für mich eine völlig neue Lebensqualität aufgetan, jetzt wo ich in 10 Monaten 2 CIs implantiert bekommen habe. Musik war etwas, in das ich mich bis dato geflüchtet habe, weil ich vom Rest meiner Umwelt einfach nur erschöpft war. Jetzt ist es bei weitem nicht mehr wichtig für mich, aber ich genieße sie nach wie vor.

    Du hast dich vorerst für Hörgeräte entschieden, womit ich bei deinem Beruf auch gerechnet habe. Hab das Thema aber trotzdem weiterhin auf deinem Schirm!

    Links: Advanced Bionade 16:12:20 Ersatz von 15:01:21

    Rechts: Cocktail Mix 20:02:20 Ersatz von 11:03:20

    Genesung Op 2

    Die kognitive Potenz hat eine extraordinäre Relevanz für die Dialektik

    Oder anders ausgedrückt

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht darin, dass man durch Praxis einen außerordentlichen Musikgenuss erleben kann, der in der Theorie mancher Technikfanatiker überhaupt nicht möglich ist

    Lachs i. 2 fel

    Ein Leben ohne Musik ist wie ein wasserscheuer Fisch

  • Ich hoffe, du hast auch dafür vorgesorgt (z.B. Versicherung, hohe Kante, ...). Das ist schließlich die Pflicht eines Selbständigen oder Freiberuflers. Es gibt diverse Gründe, warum das aktuelle Einkommen wegbrechen kann.

    Ich glaube, du hast da eine völlig falsche Vorstellung vom Kulturbereich und/oder vom heutigen Journalismus. Sofern es sich nicht um subventionierte (so genannte) Hochkultur oder das ganz große Musikgeschäft (Chats & Co.) handelt, findet Kultur sehr oft im oder nahe am Bereich des Prekären statt, auch wenn einige als angesagt geltende Großstädte (wie z.B. Berlin) ökonomische Vorteile daraus ziehen, da diese Kulturszenen Touristen und Investoren anlocken. Nicht zufällig sind viele Künstler/innen durch Corona nun auf Hartz IV angewiesen, weil das Geld - wenn überhaupt - für die Künstlersozialkasse reicht, nicht jedoch für weitere Absicherungen oder die hohe Kante.

    Ähnlich verhält es sich schon seit ein bis zwei Jahrzehnten mit nicht unwesentlichen Teilen des Journalismus, weil Verlage seltener auf Festeinstellungen und häufiger auf freie Autoren setzen. Dazu kommen natürlich Unterschiede bei den thematischen Schwerpunkten. Wer gerade bei besser sortierten Zeitungsläden mal genau hinschaut, wird viele Magazine für Nischenthemen finden, die natürlich keine großen Auflagen haben und entsprechend mit freien Mitarbeitern arbeiten, denen sie auch keine so hohen Honorare zahlen können, wie große Magazine, bzw. Verlage. Denn geringe Auflage heißt nicht nur geringe Verkaufseinnahmen, sondern auch geringere Werbeeinnahmen.

    Dazu kommen politische Entscheidungen, die vom Lobbyismus beeinflusst, kleinere Verlage (zugunsten der großen) zunehmend ins Aus drängen. Darüber liest man in den Medien der großen Verlage nätürlich wenig, aber schaut man sich die Medienlandschaft mal genauer an, so stellt man fest, dass seit Jahren ein Verlagssterben stattfindet. Und nein, das alles hat wenig mit den Gesetzen des freien Marktes zu tun und die Folgen drücken sich dann an den Zeitungsständen in Einfalt statt Vielfalt aus.

    Ähnliches droht durch Corona gerade der Kulturszene, denn jenseits der Hochkultur und des lukrativen Chartgedudels finden sich viele Veranstalter/innen und ehremamtliche Vereine, die Konzerte und Festivals veranstalten derzeit in höchster Not, bzw. haben bereits ihre Aktivitäten dauerhaft eingestellt. Mit entsprechenden Folgen für die Musiker/innen, die in Hartz IV fallen oder in einen anderen Beruf wechseln. Ob die nach der Pandemie zurück auf die Bühne kommen, ist fraglich.

    Okay, das war jetzt ziemlich OT, aber die Sache mit der "Pflicht eines Selbständigen oder Freiberuflers" war mit Blick auf die deutsche Kulturszene (die zum großen Teil nichts mit den gutbezahlten oder subventionierten Künstler/innen zu tun hat, die in den großen Medien erwähnt werden), erschein mir so realitätsfern, dass ich das dann doch mal richtigstellen wollte. Und das müsste eigentlich noch viel umfangreicher geschehen, denn völlig unerwähnt blieben viele andere Bereiche, in denen Selbständige und Freiberufler in prekären Bereichen leben und arbeiten - namentlich z.B. viele jener Paket- und Kurierfahrer/innen und sonstige Liferanten, die während der Pandemie den meisten von uns diverse Sachen liefern. Die sind häufig eben nicht bei dem Dienst angestellt, für den sie liefern, sondern sind als Selbstständige unterwegs, an die Unternehmen ihre Risiken (politisch gewollt) auslagern.

  • Hallo Schreibkraft, jetzt muss ich mal fragen, warum man sich im journalistischen Bereich prekäre Verhältnisse antut. Ich gehe mal aus, dass jemand der gut schreiben kann, auch anderswo sozialversicherungspflichtige Arbeit finden kann.

    Ich persönlich wäre mit Rente auf Grundsicherungsniveau nicht zufrieden.

  • Nun ja ich kenne eine Menge Angestellte, die auch recht gern eine ordentliche Rente hätten.

    Es gibt viele, die haben keine Wahl außer in prekären Verhältnissen zu arbeiten. Die Leute, die unsere Pakete ausfahren, unsere Pizza backen, unsere Gärten und Wohnungen in Schuss halten, unser Obst ernten, sind oft prekär beschäftigt und überdurchschnittlich oft ausländischer Herkunft. Sie haben wegen ihrer Ausbildung oder auch Nichtausbildung keine Alternative. Im Übrigen wäre es ohne diese Menschen in Deutschland nur halb so spaßig wie derzeit.

    Dann gibt es einige hochgebildete Menschen, die brennen für Kunst, Kultur und Journalismus, und leben auch in prekären Verhältnissen. Mich wundert schon, dass dieser Idealismus nicht nach ein paar Jahren erlahmt, wenn die Altersgenossen finanziell gefestigte Positionen erreichen, Familien gründen, etc. Mich interessiert wirklich, was die Leute antreibt,.

  • Hallo Schreibkraft

    Ich kann deiner Ausführung nur 100% Zustimmen! Und ich finde auch jeder soll das beruflich machen das was er am besten kann und nicht irgendwas! Ich wollte auch nicht zu einem Arzt gehen und mich behandeln lassen der lieber Mauer wär, bloß weil man als Arzt mehr verdient!

    Gruß Joachim

  • Hallo Schreibkraft, jetzt muss ich mal fragen, warum man sich im journalistischen Bereich prekäre Verhältnisse antut. Ich gehe mal aus, dass jemand der gut schreiben kann, auch anderswo sozialversicherungspflichtige Arbeit finden kann.

    Ich persönlich wäre mit Rente auf Grundsicherungsniveau nicht zufrieden.

    Dafür gibt es keine allgemeingültige Antwort, denn die Zahl der freischaffenden Journalisten und Journalistinnen liegt meines Wissens nach bei ca. 50.000. Dazu kommen unzählige, die in Mischformen arbeiten, also nicht allein vom Journalismus leben und somit nicht in die Statistik einfließen. Ich denke, dass es von Überzeugung ( die nicht wenigen Menschen wichtiger ist als gute Bezahlung), Talent, Interesse, falsche, bzw. veraltete Vorstellung vom Beruf bis hin zu ungeraden Lebenswegen reicht, die in journalistischer Arbeit münden.

    Ich habe eine Weile überlegt, ob ich die Frage auch auf persönlicher Ebene beantworten will. Die Antwort ist nein, weil ich auf den Rechtfertigungsmodus, in den Menschen gedrängt werden, die Leistungsnormen nicht entsprechen, keine Lust habe.

    Nur soviel: Ich gehöre zu jenen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in ihrem ursprünglichen Beruf arbeiten können und auch sonst wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und schon gar nicht auf einen Job, der vor Altersarmut bewahrt. Ich bin als Quereinsteiger in den Musikjournalismus gekommen und der hat mich vor der Grundsicherung bewahrt. Du verstehst nun vielleicht, warum ich deine Frage als latent zynisch empfinde.

    Passabel schreiben zu können, heißt ja nicht zwangsläufig, einen passabel bezahlten Job zu bekommen. Die Annahme, dies wäre so, lässt zahlreiche mögliche hinderliche Faktoren außer Acht und für diese sollte sich niemand rechtfertigen müssen - schon gar nicht in einem Forum, in dem überwiegend Menschen mit Behinderungen unterwegs sind, die im Umgang mit Normalhörenden sicherlich schon ein ums andere Mal die Erfahrung gemacht haben, dass von sich auf andere zu schließen, bestimmter Problematiken nicht gerecht wird.

  • @Andrea2002

    Noch zwei Nachträge:

    Sollte deine Frage tatsächlich der reinen Neugier entsprungen sein, entschuldige ich mich bei dir für meinen bissigen Ton. Denn mit meiner Gehörschädigung bin ich bereits mal in Hartz IV gefallen, samt aller Folgen, zu denen auch Rechtfertigungsdruck durch alle möglichen, mal netter, mal weniger netter Fragen gehörte, die letztlich aber einen Vorwurf transportierten . Und wie geschrieben, habe ich mich über die Musik selbst daraus und aus der Alternative Grundsicherung befreit. Das hinterlässt Spuren, weshalb ich - wenn auch selten - durch bestimmte Fragen und Formulierungen auch schon mal getriggert werde und übers Ziel hinaus schieße.

    Weiterhin sei noch erwähnt, dass in vielen akademischen oder anspruchsvollen Jobs ebenfalls prekäre Zustände herrschen, insbesondere für junge Menschen, die nun in diese Berufe nachrücken. Das hat - und da stimme ich @ci_joe zu - tatsächlich etwas mit der Neoliberalisierung des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft (die dies akzeptiert und durch Wahlen honoriert) zu tun. Und wer keine Ausbildung hat, kann auf Jobs, die bei Krankheit oder im Alter Armut verhindern, eh nur in den seltensten Fällen hoffen. Es ist schlicht ein strukturelles Problem, vor dem es in vielen Branchen keinen Schutz mehr gibt.