Hallo zusammen!
Ich hab mich nach längerer Zeit dazu entschlossen, mich im Forum anzumelden, um interessante Ausschnitte zum Thema CI mitzubekommen und wie andere damit zurecht kommen. Nachdem ich auch von manchen die Geschichte lesen konnte, habe ich gedacht, hey, warum solltet ihr meine auch nicht ein bisschen kennenlernen?
Ich bin die Alex und bin seit meiner Geburt schwerhörig, warum, wissen wir nicht. Die Ärzte heute, vermuten, dass ich die Schwerhörigkeit vererbt bekommen habe.
Ab meinem 2. Lebensjahr habe ich dann Hörgeräte bekommen und bin normal aufgewachsen, bin in Schulen mit den Förderschwerpunkten Hören gegangen und alles lief gut.
Einmal war ich zur Kontrolle bei meiner Akustikerin, weil ich relativ schlecht gehört habe. Damals erzählte sie mir, wenn es mit dem Hören weiterhin bergab gehen würde, wäre nur noch ein CI die einzige Möglichkeit.
Naja, wenn man versucht, mit einer 15-jährigen, die einen sehr großen Dickschädel hat, über ein bestimmtes Thema zu reden, kann das nicht gut enden. Kurz gesagt, ich bin aufgestanden und gegangen, weil ich mir sagte, ich höre noch gut. Zu dem Zeitpunkt wurde übersehen, dass ich wegen der verstopften Filter schlecht gehört habe, aber das kann mal passieren.
Jedenfalls, ich hab gut gehört und fing eine Ausbildung zur Kinderpflegerin an.
Mit den Kindern im Alltag zu reden, war schwierig, aber irgendwie habe ich sie verstanden. Nach anderthalb Jahren habe ich als Erstes bemerkt, dass ich meine Mitschüler nicht mehr gut verstanden habe, wenn im Unterricht hinter mir eine Frage beantwortet wurde. Dann konnte ich nicht mehr die Richtung zuordnen und zu guter Letzt habe ich die Lehrerin auch nicht mehr verstanden, geschweige meine Banknachbarinnen!
Der Ohrenarzt, den ich später aufsuchte, wies mich auf das Cochlea Implantat hin, bei meiner Hörkurve auf der linken Seite eigentlich schon fast ein Muss...
Gesagt, getan, nach mehreren Wochen landete ich in einer Klinik, die mir das ebenfalls bestätigte und der Chefarzt sagte, es sei allerhöchste Zeit. Er könne eigentlich gar nicht verstehen, wie weit ich mit den Hörgeräten gekommen bin. Bei den Hörtests habe ich nur 45% in ruhiger Umgebung verstanden, bei Störgeräuschen waren es nur noch 25-0%
In einer anderen Klinik holten wir uns noch eine zweite Meinung ein, diese empfahlen mir ebenfalls ein CI.
Die Entscheidung fiel mir sehr schwer, aber letztendlich entschied ich mich doch zu einem CI.
Am 13.05.2019 wurde ich in München implantiert, als die erste Patientin, die das neue CI von Cochlear bekam (mein Arzt meinte scherzhaft, ich wäre ihr Versuchskanninchen).
Mir ging es nicht so gut nach der OP. Ich hatte Probleme mit dem Tinnitus, dem Schwindel, Geschmacksnerven waren beleidigt und später kam noch eine faustdicke Antibiotikaallergie dazu, ich lief wochenlang umher, als hätte ich die Masern und schlimme Wassereinlagerungen.
Wenig später blutete die Wunde nach und ich musste erneut genäht werden
Ich kenne viele Bilder und Videos von Menschen, die sich sehr über ihr "Wiederhören" gefreut haben, aber ich konnte mich nicht sehr darüber freuen, weil ich mein "Hörgerätehören" sehr gern hatte. Das Hören lernen mit dem linken Ohr war schwierig, aber die Musik half mir auch sehr dabei und nach und nach konnte ich wieder telefonieren, was mir auch Spaß bereitete.
Das Jahr 2019 ging vorbei und es war für mich eine schwierige Zeit, gerade auch, weil ich sehr gerne Motorrad fahre und unter dem Helm die Spule oft abfällt oder sehr stark drückt, was bereits nach einer halben Stunde sehr schmerzhaft wird (Vielleicht hat jemand Tipps?)
Im September hatte ich das Gefühl, dass mein rechtes Ohr auch schlechter wird. Beim Hörgeräteakustiker wurde dies bestätigt. Hatte ich Anfang des Jahres noch 80% verstanden, verstand ich nur noch 60%, aber der Alltag mit zwei unterschiedlichen Ohren zu bewältigen, war für mich sehr anstrengend.
Daher entschied ich mich zu einer weiteren CI-Versorgung, diesmal auf der rechten Seite.
Am 08.01.2020 wurde ich operiert.
Auch da hatte ich wieder Probleme mit den Geschmacksnerven, dem Schwindel und bekam wieder eine Antibiotikaallergie
Bei der OP ist leider die Elektrode umgeknickt, sodass bei der erneuten Positionierung der Elektrode sich mein Restgehör verabschiedet hat.
Allerdings trat dann eine leichte Wundheilungsstörung auf, die Wunde wurde nochmal genäht und selbst bei der Erstanpassung im Februar war sie noch nicht ganz geschlossen.
Ich konnte schon Sprache verstehen, leider klang alles sehr Micky Maus mäßig und verzerrt.
Viele haben mir auch gesagt, dass man mit dem Hörtraining immer dran bleiben muss und es regelmäßig machen muss, aber ich habe nicht sehr viel Lust drauf.
Trotz meiner totalen Demotivation zu Üben, konnte ich bei der 1-Monats-Nachsorge 75% erreichen, allerdings wollten die Ärzte und Techniker, dass sich ein Spezialist von der Firma Cochlear das Implantat mal durchcheckt, weil der Klang immer noch sehr verzerrt war.
Über diese Episode möchte ich nicht viel sagen, weil es für mich sehr schmerzhaft ist, darüber zu reden, zusammengefasst; dank dem Techniker von Cochlear und einer anderen Technikerin von der Klinik sind meine Hörnerven auf beiden Ohren sehr überreizt und wir mussten bei einem Notfalltermin heute einen großen Schritt rückwärts machen, damit in ein paar Wochen es wieder aufwärts geht.
Ich lese so vieles über Menschen, die sich freuen, dass sie nach jahrelanger Taubheit oder kurzer Ertaubung wieder hören können und ich freue mich auch wirklich für diese Leute.
Aber ich kann mich nicht darüber freuen, dass ich mit CIs hören kann. Ich fand den Klang der Hörgeräte viel schöner und im Alltag stoße ich immer wieder auf Situationen, wo mich meine CIs im Stich lassen und dann denke ich mir, war es das wirklich wert? All diese Mühe, die täglichen Schmerzen?
An manchen Tagen freue ich mich, dass es die CIs gibt und an manchen Tagen verfluche ich sie ständig. Dann fällt mir wieder ein Spruch von Mark Twain ein:
"Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden!"
Und ich mache jeden Tag irgendwie weiter. Zusammen mit meinen CIs.
Sorry für den langen Text, aber manchmal hilft es einfach, sich alles von der Seele zu schreiben:)
Liebe Grüße an alle,
Alex