Nach fast 20 Jahren: CI- Ja oder Nein?

  • Hallo DCIG Mitglieder!

    Ich wollte mich mal vorstellen und gleich mal nach eurem Rat bitten.

    Ich bin Sebastian, 19 Jahre alt und wahrscheinlich von Geburt an auf dem rechten Ohr ertaubt. Ich komme so eigentlich super klar, trotzdem würde ich gerne etwas ins positive verändern wenn dies möglich ist.

    In der Vergangenheit wurde ich in keinster Weise versorgt, da mein HNO-Arzt dies nie empfohlen hatte.. jedoch habe ich mich in die Uniklinik überweisen lassen, um abzuchecken was geht.

    Nach der Ausprobe von Luftleitungs- und BahaCros hat sich gezeigt, dass mich keines der Systeme so richtig unterstützt, sodass diese meiner Meinung nach keine langfristige Lösung bieten.

    Vor Kurzem hatte ich deshalb meine Voruntersuchung für eine Implantation eines Cis und laut MRT ist der Hörnerv und der Rest normal angelegt, Restgehör konnte bei mir nicht nachgewiesen werden. Der Promtest war negativ sodass sich die Ärzte nach längerem Beraten nicht für eine Implantation ausgesprochen haben.

    Ich weiß aktuell nicht was ich tun sollte, da ich von Fällen gehört habe, bei denen auf Wunsch des Patienten trotzdem implantiert wurde.

    Der Promtest ist ja laut Studien und Erfahrungswerten nicht sehr aussagekräftig, sodass ich diese Möglichkeit mit dem CI eines Tages mal hören zu können nicht verstreichen lassen möchte.

    Ich weiß, dass es kein Erfolg sein muss und dass es in meinem Alter evtl nur bedingt zu einem Höreindruck kommen wird, da ich rechts noch nie einen Höreindruck hatte.

    Zu verlieren habe ich so gesehen ehe nichts, entweder es wird besser oder ich habe es eben versucht aber es nützt eben nichts.

    Wie würdet ihr vorgehen und was würdet ihr abwägen?

    Klar muss ich die Entscheidung letztendlich selber treffen, aber trotzdem wären mir euer Rat sehr wichtig.

    Vielen Dank:)

    Sebbo99

  • Hallo Sebbo,

    wie du selbst schreibst, zu verlieren hast du eh nichts, also, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

    Könnte natürlich länger dauern mit Hörerfolgen.

    Aber soll ich dir was sagen- als ich mein SP neu am Ohr hatte, und praktisch noch nichts damit gehört habe, habe ich dennoch "Raum" gehört, seltsam, noch nichts damit gehört, aber es wurde irgendwie 3D. Nicht mehr so "flach", wie das die letzten Jahre mit nur einem hörenden Ohr war. Ich habe das Gefühl bei der nächsten Einstellung angesprochen, und die Audiologin meinte, mein Gefühl für rsaum ist wirklich keine Spinnerei, es entwickelt sich einfach.

    Heute, über 5 Jahre später--- ich bin hochzufrieden! Mittlerweile macht das andere Ohr nicht mehr so wirklich, aber SP funzt. Schrecklicher Gedanke, ich hätte mich damals nicht für CI entschieden.

    Mach mal ruhig, lass dich implantieren.

    Tja, ich bin nun mal großer CI- Befürworter, ob klein, ob groß, ob erst oder von Anfang an taub.

    Viel Erfolg!

    rechts: CI seit Sept. 2013, danach Opus 2XS (sehr gern)+ Rondo (weniger gern). Seit 7.07.2020 Sonnet 2.
    links: Schwerhörigkeit bei Otosklerose, HG von Phonak

  • Lucy

    Danke für deinen hilfreichen Beitrag.

    Wie war das bei dir mit der Taubheit? Hast du vor dem Implantat schon mal etwas auf der Seite gehört?

    Ich würde es schon gerne versuchen und werde noch ein Gespräch mit dem Oberarzt vereinbaren..

    Es ist denk ich nicht gerade vom Vorteil für die Kostenübernahme der Krankenkasse, wenn der Arzt skeptisch ist oder?:/

  • Hallo Sebbo, erstmal willkommen hier!

    Du hast Dir ja schon einige Gedanken gemacht und Deine innere Einstellung zu einem CI - unabhängig davon, ob das tatsächlich funktionieren kann oder nicht - ist ja schon einmal ein guter, positiver Schritt.

    Es ist tatsächlich schwer vorauszusagen, ob Du auf dem Ohr, auf dem Du, wie Du schreibst, wahrscheinlich (aber nicht wirklich sicher) von Geburt an taub bist, mit einem CI wieder in das Hören gelangst. Die sogenannte Hörbahnreifung ist so ziemlich mit dem 5. Lebensjahr abgeschlossen, in dieser Zeit werden sozusagen die Anlagen für eine Hörfähigkeit im Gehirn angelegt. Wenn das der Fall sein sollte bei Dir, wäre ein CI schon einen Versuch wert.

    Bei mir war es so, dass ich seit ca. meinem 10. Lebensjahr auf dem rechten Ohr nur noch sehr tiefe und sehr hohe Töne leise vernommen haben - das war eher eine Wahrnehmung, jedoch kein Hören oder gar Verstehen. Zumindest war also eine grundsätzliche Hörfähigkeit vorhanden bzw. angelegt. Nun trage ich auf dieser Seite, seit nunmehr 6 Jahren, ein CI, das sollte anfangs mein Hörgerät links unterstützen.

    Die ersten zwei Jahre waren eher verhalten im Fortschritt. Ich konnte wie sehr weit entfernt etwas hören und auch verstehen, aber das CI alleine wäre nicht ausreichend gewesen. Das ist es bis heute nicht, aber es ist trotzdem schon viel besser geworden, ich verstehe alleine damit schon etwas mehr. Aber interessant wurde es erst mit dem zweiten CI links, das kam dann zwei Jahre nach dem ersten CI: Nach einigen Wochen hatte sich das Hören auf beiden Seiten auf einmal - ich nenne das Verschränkungseffekt - viel besser, voller und vor allem verständlicher angehört. Dieses so lange Zeit leere Gefühl in der rechten Kopfhälfte verschwand allmählich. Werde ich jetzt von rechts angesprochen, ist das fast wie von links - ich verstehe fast genauso gut wie von links (diese Seite hat sofort nach der Erstanpassung gut funktioniert). Also macht das Gehirn da eine Art von Zusammenspiel, was mir wieder ein Ansprechen von rechts, ein Richtungshören und vor allem wieder ein ausgewogenes Kopfgefühl vermittelt. Irgendwie hat das linke CI die rechte Seite mitgezogen im Hör-Lernprozess. Darüber bin ich natürlich sehr dankbar.

    Das ist nur eine von vielen Geschichten und Hör-Karrieren, die Du hier kennen lernen wirst. Aber ich will damit auch aufzeigen, dass man frei nach Forrest Gump sagen könnte: Das CI ist wie eine Schachtel Pralinen - man weiss nie was man bekommt. Vielleicht bekommst Du ja auch den richtigen Karton :).

    Die Frage ist nun natürlich erstmal, warum genau die Indikation seitens der Ärzte, der Voruntersuchungen in einer CI-implantierenden Klinik usw. so negativ ausgefallen ist. Ich würde mir daher in einer zweiten Klinik eine zweite Meinung einholen, das macht Dich auch etwas sicherer - ganz gleich, wie das dann ausfallen mag. Aber Du hast dann wenigstens alles versucht. Ich drücke Dir auf jeden Fall alle Daumen. Ich weiss, dass sich das lohnen kann, wenn alles halbwegs passt.

    Gruss, Rainer.

    Beidseitig versorgt mit: Med-El (Flex 28 im Schneckle, aussen jeweils Sonnet, vormals Rondo)

    ____________________________________

    Das Gute missfällt uns, wenn wir ihm nicht gewachsen sind.

  • Hi,

    ich habe 2017 links ein CI bekommen. Seit wann ich auf dem linken Ohr taub bin ist unbekannt. Mein Ohrenarzt vermutet aber seit frühester Kindheit. Ich höre links nichts und auch der Gleichgewichtssinn ist eingeschränkt (motorisch aber völlig ausgeglichen).

    Ich selber gehe davon aus, dass ich irgendwann was gehört habe, weil das mit dem CI bei mir ziemlich gut lief.

    In meiner Klinik wurde ein Prom-test gar nicht gemacht, weil er unzuverlässig sei. Der Nerv war da und gut. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass die Ärztin mich eher abraten wollte. Wohl weil ich mindestens seit 30 Jahren taub bin und man nicht von einem grossen Hörerfolg ausging.

    Ich dachte mir: Ich kann nichts verlieren.

    Den Rat eine zweite Meinung einzuholen finde ich gut.

    Gruss

    Rebecca

  • Wenn man auf einer Seite "nichts" hört, dann frage ich mich immer, wie "nichts" definiert wird. Könnte man mit einem starken Hörgerät auf dem Ohr noch etwas wahrnehmen, dann sollte dies im Idealfall auch genutzt werden. Wenn dann später vielleicht Überlegungen zu einem CI aufkommen sollten, dann war es besser, man hat mit dem Hörgerät immer ein bißchen etwas gehört, als ohne wirklich gar nichts. Deshalb sehe ich HNO-Ärzte sehr kritisch, die an Taubheit grenzende Ohren unversorgt lassen.

    Eine weitere Meinung einzuholen ist kein Fehler, wenn weiterhin Zweifel bleiben. Wichtige Voraussetzung für ein CI ist ein intakter Hörnerv.

    Einmal editiert, zuletzt von Audi (8. Februar 2019 um 17:34)

  • Hallo Sebbo,

    ich gehe nicht davon aus, dass der Arzt/ die Klinik skeptisch werden in deinem Fall.

    Zu deiner Frage; ich war als Kind/ Jugendliche normal hörend, keine Auffälligkeiten, nicht mal Mittelohrentzündung, bis mit Mitte 20, als ich die Diagnose Otosklerose bekommen habe, mit Aussicht auf Ertaubung, danach nacheinander beide Innenohren mit Ersatz- Steigbügeln versorgt, die hielten wenige Jahre, dann bin ich nach x- tem Hörsturz auf dem re. Ohr ertaubt. Leider war mein Örtlicher HNO- Arzt nicht so für CI und Überweisung in die HNO- Klinik gewesen, und so sind mir 5 Jahre quasi verloren gegangen, rechts komplett taub, links recht gut hörend, nach Stapes. Meine Lebensqualität nahm aber rapide ab, die ersten orthopädischen Beschwerden stellten sich ein, wegen der Schiefhaltung des Kopfes- ich habe mein noch hörendes Ohr quasi in die Mitte geschoben, und hatte schon tatsächlich verkürzten Brustmuskel.

    Im Winter 2012- 2013 war ich zu einer orthopädischen Reha, wo ich mich im Speisesaal kaum mit jemanden unterhalten konnte, so schwer fiel mir das Hören im Störlärm. Da habe ich eine Frau mit beidseits CI gesehen, und meine Entscheidung war klar- ich gehe jetzt los und lasse mir ein CI einbauen. HNO_ Arzt war immer noch sehr skeptisch und auch pampig- "wenn Sie denken, sie bekommen ein CI- vergessen Sie es"- stellte aber die Überweisung aus.

    Natürlich sollte ich ein CI bekommen, so schnell wie möglich, weil bei mir auch damit gerechnet werden muss, dass ich auch links ertaube. Jetzt bin ich schon auf dem guten Weg dahin, das Ohr ist schon (wieder) mit Hörgerät versorgt, das nicht mehr viel taugt, da brauche ich ein neues.

    Es ist aber auch so, dass ich mit dem CI prächtig höre, Musik mittelmäßig, das ist mir aber nicht so wichtig und ich habe es auch nie gezielt geübt- andere haben da super Erfolge- mir war das Hören an sich wichtig, Rest egal. Und dass ich mit manchen sogar per CI telefonieren kann, ohne Hilfsmittel, also ohne T_ Spule, MiniMic oder sonst was, erstaunt mich immer wieder, und ich bin so froh, mein CI zu haben. Und natürlich sehe ich der kompletten Ertaubung sehr gelassen entgegen 8)

    Es war nur schade, dass ich fast 5 Jahre habe mich verdummen lassen, ohne CI, das musste nicht sein.

    rechts: CI seit Sept. 2013, danach Opus 2XS (sehr gern)+ Rondo (weniger gern). Seit 7.07.2020 Sonnet 2.
    links: Schwerhörigkeit bei Otosklerose, HG von Phonak

    2 Mal editiert, zuletzt von Lucy (10. Februar 2019 um 23:08) aus folgendem Grund: Ohren vertauscht ;)