Ein verzweifeltes Hallöchen

  • Hi, dann will ich mich mal vorstellen. Ich bin Priumi, mitte 20 und Studentin aus der Nähe von Mannheim. Seit der Geburt bin ich bereits an meinem linken Ohr zu 100% taub, verschiedene Hörgeräte im Kindheitsalter haben da rein gar nichts geändert. Vor ca. 8 Jahren bin ich auch in die Uniklinik Köln, die mir sehr lang und breit erklärt haben das an meinem Zustand nichts zu ändern ist (ohne Tests oder ähnliches, vom CI haben sie mir überhaupt nichts erzählt). Einen Tinnitus habe ich übrigens nicht und nie gehabt.

    Seit mehreren Jahren wird mir nun regelmäßig Schwindelig, Schlecht und zudem kippe ich um, mir wird oft schwarz vor Augen (was dazu führte das ich bei meiner Abschlussfeier in Kombination mit einer Grippe vor versammelter Mannschaft umgekippt bin und rausgetragen werden musste, schlimme Zeit ..). Und die Ärzte rätseln grad ein wenig an meinen Symtomen, erst sei es Migräne gewesen, jetzt sagt der Arzt es könnte was mit dem Rücken sein. Oder Ohr. Ich werde demnächst einige Tests im Krankenhaus durchlaufen müssen ..

    Ich habe direkt ein paar Fragen, die ich unverschämter Weise hier stelle.

    Hatte jemand von euch auch solche "Nebenwirkung"? Die haben bei mir aber ungefähr erst mit 13-14 Jahren angefangen.

    Wie ist das CI Implantat? Ich habe mich schon bisschen durchgelesen und habe gemerkt, ein richtiges Ohr ersetzen kann es nicht und man muss wohl auch oft damit üben .. aber so eine gefährliche Operation zu machen mit Risiken in meinem jungen Alter, dafür das ich links nur ein Rauschen oder Piepsen vernehmen kann, wäre es mir nicht wert. Kann man denn auch wirklich Worte und Klänge hören? Ist sicher von Person zu Person unterschiedlich, aber so im Durchschnitt?

    Die Idee mal mit zwei Ohren zu hören ist so super utopisch, ich hatte mich immer davon abgefunden, mit Dates wo man mir was ins Ohr flüsterte und ich mich zu sehr geschämt habe zu sagen das ich einseitig taub bin, meine Freunde ständig rechts von mir gehen zu lassen, dieses fehlende räumliche Abschätzen, dieses Geräuschewirrwarr. Ich weiß, ich kenne es nicht anders aber alles was einem an Lebensqualität bereichert würde mich unheimlich freuen.

  • Hallo Priumi,

    erstmal ein herzliches Willkommen hier im Forum.

    Die Gedanken und Sorgen die du dir machst, haben sich irgendwo alle hier gemacht.

    Ein CI ersetzt natürlich kein Ohr- auch wenn es „Körperersatzstück“ heißt.
    Natürlich muss das Hören mit dem CI regelrecht erlernt werden- aber der lange Weg lohnt sich. Gerade bei einer völligen Taubheit des betroffenen Ohres. Bei mir hat in den ersten ein, zwei Tagen nach der Erstanpassung alles nur „Pling“ gemacht, aber nach relativ kurzer Zeit kristallisierten sich immer mehr Geräusche und Töne heraus. Sogar welche, die ich zuvor noch nie gehört habe!
    Es gibt immer wieder mal Rückschläge auf der Hörreise, aber das ist normal.
    Dass die OP nicht ganz risikofrei ist, versteht sich von selbst. Jedoch geht diese OP in den allermeisten Fällen gut; das kann man hier im Forum auch sehr gut nachlesen.

    Wenn ich ehrlich bin, würde ich mit der OP nicht zu lange warten.
    Bei mir selbst ist leider im Laufe der Jahre eine Hörüberlastung eingetreten, von der ich mich nur langsam und mühselig erhole. Aus diesem Grunde würde ich keine wertvolle Zeit verschenken wollen- und ich bin 20 Jahre älter als du. 8)

    Auch dein Schwindel und deine Übelkeit können Symptome einer Hörüberlastung sein. Genau diese Probleme habe ich auch teilweise in Stresssituationen trotz Krankschreibung, ganz massiv. Schon vor der OP war es mir manchmal schwummerig, nur hat keiner die Symptome erst genommen- ich selbst am wenigsten.

    Ich hoffe, ihr konnte dir ein paar kleine Denkansätze geben und dir vielleicht etwas weiter helfen.

    Liebe Grüße aus dem Rheinland,
    SaSel

    Von Geburt an hochgradig schwerhörig beidseitig, im Laufe der Jahre an Taubheit grenzend schwerhörig beidseitig
    OP rechts am 31.05.2017 Uni Köln, EA am 17.07.2017, Cochlear Kanso
    links HG, zurzeit Resound Linx wegen Kompatibilität zu Cochlear

  • So eine Op ist mittlerweile eine Routine Op. Die Uniklinik Köln hat mittlerweile über 1.000 Implatationen durchgeführt, da gab es letztens einen Artikel in der Express. Übermäßig Sorgen muss man sich da nicht machen.

    Was das CI angeht, der Erfolg ist bei jedem anders und hängt enorm davon ab ob und wieviel man vorher auf dem Ohr gehört hat. Wenn man noch nie auf dem Ohr gehört hat, sollte man nicht unbedingt erwarten dass man direkt Sprache versteht. Es ist sogar realistischer dass dies immer ein Problem sein wird. Dementsprechend sollte man auch die eigenen Erwartungen niedrig halten, sonst ist die Enttäuschung umso größer. Auf jeden Fall erfordert das viel Training und Durchhaltevermögen und die Zeit muss man sich dann auch nehmen.

    Möglicherweise hilft schon die bloße Wahrnehmung von Tönen gegen den Schwindel, das kann von uns aber keiner sagen. Das müssen die Ärzte herausfinden.

    Einmal editiert, zuletzt von lupus (9. Dezember 2017 um 19:37)

  • Übrigens: ich bin Ende Mai 2017 in der Uni Köln operiert worden.
    In Köln gefällt mir die engmaschige Betreuung nach der EA: 3 Monate lang wöchentliche Anpassungen und Hörtraining! Ich bin da super zufrieden mit der Arbeit und man hat immer ein offenes Ohr für sämtliche Fragen rund um (das Leben mit) CI und gibt einem tolle Tipps mit auf dem Weg.

    Liebe Grüße
    SaSel

    Von Geburt an hochgradig schwerhörig beidseitig, im Laufe der Jahre an Taubheit grenzend schwerhörig beidseitig
    OP rechts am 31.05.2017 Uni Köln, EA am 17.07.2017, Cochlear Kanso
    links HG, zurzeit Resound Linx wegen Kompatibilität zu Cochlear

  • Uniklinik Köln bin ich Mitte September auch implantiert worden. Das Gebäude und die Zimmer sind aber Steinzeit... Und WLAN gibt es auch keins. Das ist wirklich ein großer Kritikpunkt. Aber die Leute (zumindest vom CIK Köln) sind nett und und versuchen das beste. Aber i.d.R. bleibt man 3-4 Tage dort, das geht noch. Wichtig ist eh die Zusammenarbeit mit dem CIK, und da passt alles.

  • Ersteinmal vielen lieben Dank für die Antworten. Ich lese nicht natürlich erstmal durchs Forum, frage mich aber ob es Erfahrungen von Leuten gibt für dank ci wieder mindestens etwas hören können (und dabei von Geburt an taub waren)

  • Ich frage mich gerade, ob man auf der Suche nach solchen Erfahrungen unterscheiden muss zwischen diejenigen, die beidseitig taub waren und denen, die einseitig taub waren. Und dazu kommen dann noch die unterschiedlichen Zeiträume bis zur Implantation. Wie Du unschwer erkennen kannst, sind Deine Fragen nicht einfach zu beantworten. Es ist auf jeden Fall ein Vorteil, wenn der Mensch vor der Implantation bereits über Hörerfahrungen verfügt und je mehr und bessere er davon machen konnte, desto besser ist für seinen späteren Lernprozess.

  • Wenn die Hörnerven intakt sind, dann kann mit dem CI die Welt des Hörens anfangen.
    Gruß Norbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
    --------------------------------
    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Hallo Priumi,

    vor jedem CI-Weg steht eine Voruntersuchung an, wo man gründlich auf CI-Indikation hin untersucht wird. Die Entscheidung für oder gegen CI wird erst nach der Untersuchung und Besprechung mit den Ärzten getroffen.
    Du bist dir nicht sicher, daß deine Hörnerven nicht mehr intakt sind? Haben die Ärzte dir dies gesagt und dazu noch ohne Tests? Das wäre eine zweifelhafte Diagnose. Es gibt nämlich Leute, die intaktes Hörnerv haben, aber stark geschädigte Haarzellen. Hier kann ein CI zum Hören helfen.

    Hier ein Link zur Reportage über eine Frau, die von Geburt an taub ist und mit über 30 ein CI implantieren ließ. Ihre Lebensgeschichte ist hier zusammengefaßt:
    https://dcig-forum.de/Hallo%20Priumi….html%5B/url%5D

    Sie ist kein Einzelfall, denn mir ist persönlich eine weitere Person bekannt, die ebenfalls taub geboren wurde und im ähnlichen Alter implantiert wurde und das erfolgreich.

    Da du offenbar einseitig taub bist, stehen die Chancen meiner Meinung nach gut, denn du hast durch das gesunde Ohr einen natürlichen Spracherwerb. Was dir vor allem fehlt, ist das räumliche Hören und das wird mit dem CI ermöglicht, auch wenn es nicht an die Leistungsfähigkeit eines gesunden Ohres kommt. Das CI hebt die Taubheit temporär auf die Ebene der leichten Schwerhörigkeit (20 dB - 40 dB Hörverlust bei 250 Hz - 8000 Hz), was schon sehr viel ist. Temporär deswegen, solange das Gerät läuft.

    Grüßle,
    Bernd

    Links: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 21.10.2015 / EA: 23.11.2015 - Naida CI Q90 (Upgrade 11.10.2016)
    Rechts: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 02.09.2016 / EA: 10.10.2016 - Naida CI Q90
    Uni-Klinik Freiburg

  • Ja, von Geburt an taub bedeutet oft, dass das Ohr keine oder defekte Hörzellen hat und die Nerven, welche die Impulse zum Gehirn weiterleiten sollen, angelegt sind. Das muss gekärt werden.
    Gruß Norbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
    --------------------------------
    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Hallo Priumi,


    ohne eingehende Voruntersuchungen zum CI würde ich die Flinte nicht ins Korn werfen! Alles andere wäre nur Spekulation - so auch die Aussage der Kölner Ärzte ganz ohne Tests....

    Da Du aktuell Dich untersuchen lassen möchtest, empfehle ich Dir, das Thema "Voruntersuchung (VU) zu CI" dort anzusprechen. Der Schwindel sollte auf jeden Fall abgeklärt werden. Erst nach der VU zum CI läßt sich erst sicher sagen, ob der Hörnerv in Ordnung ist und nur so bekommst Du Klarheit darüber, ob ein CI bei Dir möglich ist.

    Motivation und Mitarbeit bei den Einstellungen des CI sind wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung eines Sprachverstehen. Und unendlich viel Geduld. Es wird Erfolge; aber auch Rückschläge geben... Jeder tickt da anders.

    Für mich sind meine Blechohren "die Erfolgsgeschichte meines Lebens überhaupt" geworden - nach 45 bzw. 47 Jahren Tragen von Hörgeräten. Aufgrund meiner neurologischen Grunderkrankung war es beide Mal ein Sprung ins kalte Wasser, den ich bis heute nicht bereut habe!

  • Da du offenbar einseitig taub bist, stehen die Chancen meiner Meinung nach gut, denn du hast durch das gesunde Ohr einen natürlichen Spracherwerb. Was dir vor allem fehlt, ist das räumliche Hören und das wird mit dem CI ermöglicht, auch wenn es nicht an die Leistungsfähigkeit eines gesunden Ohres kommt. Das CI hebt die Taubheit temporär auf die Ebene der leichten Schwerhörigkeit (20 dB - 40 dB Hörverlust bei 250 Hz - 8000 Hz), was schon sehr viel ist. Temporär deswegen, solange das Gerät läuft.

    Ich stimme Dir zu, jedoch sage ich lieber, das CI könnte die Taubheit auf die Ebene einer leichten Schwerhörigkeit heben. Mit Gewissheit kann man das nicht so einfach voraussagen; ich bin auf einer Seite trotz CI mehr als nur leicht schwerhörig geblieben und das obwohl ich dort immer ein Hörgerät getragen hatte.

    Auf jeden Fall sind qualifizierte Voruntersuchungen sinnvoll zum Abklären der Optionen. Auch bei mir gab es eine Voruntersuchung, die meinem ersten CI vorausgegangen war.

    Einmal editiert, zuletzt von Audi (10. Dezember 2017 um 20:43)

  • Danke für den Hinweis auf den feinen Unterschied, Audi!

    Links: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 21.10.2015 / EA: 23.11.2015 - Naida CI Q90 (Upgrade 11.10.2016)
    Rechts: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 02.09.2016 / EA: 10.10.2016 - Naida CI Q90
    Uni-Klinik Freiburg