Erfahrung nach 4 Jahren CI

  • Ich stelle hier mal einen Bericht ein, vielleicht hilft er jemand zur Entscheidung oder auch sonst. War bei OP 77 Jahre alt, hatte sehr ausgeprägte Altersschwerhörigkeit. Habe das schlechtere Ohr operieren lassen. Restgehörerhaltung war angestrebt, wurde aber nicht erreicht. OP fand im Uni Klinikum München Großhadern statt. Habe lange gebraucht, um die relativen Vorteile von CI der Firmen MedEl und Cochlear zu eruieren und bin im Patt gelandet. Ich habe dann die Entscheidung aufgrund äußerer Merkmale getroffen, z.B. bessere Garantie oder bessere Wasserdichtigkeit bei Cochlear. Habe die Entscheidung nicht bereut.

    • OP-Erfahrung: Kein wesentliches Problem. Keine schlimmen Schmerzen. Zügige Abheilung.
    • Nach-OP: Nach etwa einer Woche einen Tag lang schlimmer Schwindel. Solange es vorübergeht, auch kein ernsthaftes Problem.
    • Einschalten bereits 3 Wochen nach OP. War zuerst sehr erstaunt, dass das jetzt Hören sein sollte. Es gab merkwürdige Artefakte, Hall etc. Konnte von Anfang an Sprechen einigermaßen verstehen, bereits nach wenigen Tagen besser, als vorher. Die merkwürdigen Zusatzgeräusche verschwanden ebenfalls innerhalb weniger Tage.
    • Training: Das beste Trainig für mich waren Hör-CDs von Romanen. Nicht bei allen Sprechern war das leicht, habe mir zu Anfang Dinge ausgesucht, die von Thomas Holzmann gesprochen waren, damit kam ich ganz ordentlich zurecht. Habe ca. 6 Wochen lang jeden Tag eine CD gehört. Das von der Klinik organisierte Training durch eine Logopädin war zwar anregend, aber ob es viel gebracht hat, muss ich bezweifeln.
    • Ein von der Klinik organisiertes Treffen von CI-Trägern zeigte mir, dass ich relativ zu anderen sehr gut zurecht kam.
    • Fernsehen: Ich verwende eine Induktionsschleife, mit der ich Nachrichten gut hören kann, Spielfilme aber nur sehr bedingt. Schnelle oder undeutliche Sprache entgeht mir, und die gibt es fast bei allen Spielfilmen.
    • Telefon: Die besten Erfahrungen habe ich mit einer Freisprechanlage hoher Qualität (nicht die im Gerät eingebaute) gemacht. Zwar ist die Verständlichkeit noch wesentlich besser, wenn man eine Induktionsschleife verwendet, aber die Umstellung auf dieses Gerät und die entsprechend notwendige Vorbereitung bzw. Verzögerung beim Abnehmen von Gesprächen haben mich davon wieder abgebracht. Es gibt Gesprächspartner, mit denen das Telefonieren kein Problem ist, und andere, bei denen ich gar nichts verstehe.
    • Musik: Ich war sehr engagierter Laienmusiker, klassische Kammermusik. Ich war sehr gespannt, was da gehen würde. Meine Schwerhörigkeit hatte es mir schon ein Jahr vorher unmöglich gemacht, Musik in dem Sinne, wie ich Musik verstehe, zu hören. Ich konnte Musik von Haydn nicht mehr von Hindemith unterscheiden. Die traurige Erfahrung ist: Das hat sich nicht gebessert. Ich kann mit CI Musik nur dem Rhythmus nach erkennen, Melodien sind nicht erkennbar. Ich kann singen, Zuhörer sagen, dass ich sogar noch richtig singe, aber ich kann mein eigenes Singen nicht erkennen. Auch wenn ich Klavier spiele, weiß ich zwar, was ich da spiele, aber vom Hören ist es für mich nicht erkennbar.
    • Praktische Dinge: Das CI einfach am Haken über dem Ohr zu haben, fand ich lästig, es fällt ständig herunter. Ich habe deshalb jetzt vier Jahre lang ein altes Ohrstück von meinem Hörgerät zur Halterung umfunktioniert. Das Kunststoffhörnchen zu Halterung habe ich dazu mit Heißluft ein wenig in der Form angepasst. Da aber Ohrstücke, die in den Hörgang hineinreichen, manchmal lästig sind und gelegentlich auch Entzündungen im Hörgang verursachen, werde ich jetzt wohl mir ein spezielles Hörstück, dass den CI-Anforderungen besser gerecht wird, machen lassen. Andere Halterungen, so das Snugfit von Cochlear, haben mir weniger gut gefallen.
      Im Normalbetrieb verwende ich Akkus als Spannungsquelle und finde sie sehr praktisch. Ich wechsele jeden Tag routinemäßig den Akku und habe immer noch einen kleinen Akku in der Tasche, falls der aktuelle leer werden sollten, was aber eigentlich nicht passieren sollte. Bei Reisen, bei denen das mitführen eines Akkuladegeräts lästig wäre, rüste ich auf Batteriebetrieb um.
      Der Service von Cochlear ist gut, und meine Krankenkasse war bisher recht großzügig. Die laufend gelieferten Mikrofonschutzpillen hat Cochlear ja so vorbereitet, dass man sie ohne besondere Werkzeuge wechseln sollte. Ich besitze ein Stereomikroskop und ziehe es vor, den Mikrofonschutz darunter auszuwechseln.
      Ich treibe Wassersport (Kajak). Meist fahre ich taub. Wenn das aber ungünstig ist, weil man sich verständigen will oder Schiffe hören will, verwende ich die wasserdichte Plastikhülle von Cochlear. Inzwischen hat Cochlear ein wasserdichtes Gehäuse rausgebraucht, das ich demnächst testen will.
    • Inzwischen hat sich mein Hören auf dem zweiten Ohr so verschlechtert, dass es nicht mehr viel zur Verständigung beiträgt. Ich erwäge, auch die andere Seite mit CI auszurüsten, weiß aber nicht, wie die Erfahrungen da sind.
    • Nachteile: Durch die Verschlechterung der anderen Seite ist dem Sprachklang in der letzten Zeit eine Eigenschaft verlorengegangen, die ich als "sonoren Klang" bezeichnen möchte, und die ich bisher bei den Anpassungen des CI nicht erreichen konnte, womit aber nicht Lautstärke gemeint ist. Diese Eigenschaft trägt zum Sprachverständnis durchaus wesentlich bei und ihr Fehlen macht mir Probleme.

    Soweit meine Erfahrungen, die in der Summe überaus positiv sind, wenn auch man sich darüber klar sein muss, dass man auch mit CI schwerhörig bleibt.

  • Schöner Bericht, mir geht es ähnlich, habe es auch über 4 Jahre.
    HG habe ich noch rechts und bringt nicht viel im Alltag. Musik? Ja, ich spiele Saxophon und lerne in der Musikschule....

    Gruß Norbert

    links: Opus 2XS, Flex28; OP 14/09/2012 MHH
    EA: 05/11/2012 erfolgreich

    seit 12/06/2020 Sonnet 2

    rechts: HG (zu nichts nutze...)
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    Offenbarung 21,4
    ...und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz...

    Jesaja 35, 4-6
    Sagt den verzagten Herzen: "Seid getrost ..." ...dann werden die Ohren der Tauben geöffnet werden...

  • Schöner Bericht, vielen Dank.
    Aber eins verstehe ich nicht ganz. Wieso kannst Du beides (Akku & Batterien) nutzen?
    Mein Techniker sagte mir, dass (bei ihm) 98% Batterien nutzen und nur ein kleiner Rest Akkus. Nutze Batterien und wenn ich mich mal für Akkus entscheiden würde, könnte ich nicht mehr zurück auf Batterien wechseln, es sei denn, ich bezahle diese selbst.
    Wie geht das bei Dir kostenmäßig?

    Normal hörend geboren
    RE normal hörend
    LI im 4.-5.LJ durch Mumps > Meningitis (fast) taub
    OP 23.11.2016 > Cochlear CI522 / EA 02.01.2017 > Cochlear CP910

  • Umfassender und auf den Punkt gebrachter Bericht finde ich!

    Das CI einfach am Haken über dem Ohr zu haben, fand ich lästig, es fällt ständig herunter. Ich habe deshalb jetzt vier Jahre lang ein altes Ohrstück von meinem Hörgerät zur Halterung umfunktioniert. Das Kunststoffhörnchen zu Halterung habe ich dazu mit Heißluft ein wenig in der Form angepasst. Da aber Ohrstücke, die in den Hörgang hineinreichen, manchmal lästig sind und gelegentlich auch Entzündungen im Hörgang verursachen, werde ich jetzt wohl mir ein spezielles Hörstück, dass den CI-Anforderungen besser gerecht wird, machen lassen.

    Bin ebenfalls mit dem Haltebügel nicht zufrieden. Meine Wunschbastellösung habe ich hier unter Ohrbügelersatz beschrieben. Habe bei einem Cros-Gerät eine tolle Lösung getestet gehabt.

  • Schöner Bericht, vielen Dank.
    Aber eins verstehe ich nicht ganz. Wieso kannst Du beides (Akku & Batterien) nutzen?
    Mein Techniker sagte mir, dass (bei ihm) 98% Batterien nutzen und nur ein kleiner Rest Akkus. Nutze Batterien und wenn ich mich mal für Akkus entscheiden würde, könnte ich nicht mehr zurück auf Batterien wechseln, es sei denn, ich bezahle diese selbst.
    Wie geht das bei Dir kostenmäßig?


    Hallo Matze,

    ich habe das so gehandhabt.
    Mein rechtes CI, da habe ich Batterien genommen.
    Beim linken dann Akkus, gleich zur OP beantragt.
    So habe ich Beides und bin flexibler.
    Jede Versorgung, hat seine Vor und Nachteile.
    Ab und zu bin ich mehrere Monate beruflich im Ausland, wo man keine Batterien kaufen kann, da lade ich dann die Akkus.
    Bei Batterien ist man immer von der Lieferung abhängig, bei Akkus nicht.
    Da man alle 2 Jahre auf einen neuen Akkusatz Anspruch hat, immer 4 Stück für einen Prozessor, habe ich inzwischen mehr als genug von denen.
    Bisher ist bei mir nur ein Akku ausgefallen, so dass er sich nicht mehr laden hat lassen.
    Meist lade ich die Akkus im Geschäft, wenn ich nicht unterwegs bin.
    Batterien nutze ich nur im Urlaub, wenn ich Zuhause bin, weil die sonst verfallen.
    Wenn sie zur Neige gehen, bestelle ich mir halt wieder einen neuen Schwung beim ICF.
    Die Kasse hat noch nie nachgefragt, warum ich Akkus und Batterien habe, die buchen es halt entsprechend auf den Prozessors rechts, links und fertig.