Hallo zusammen,
ich hatte mich hier vor kurzem vorgestellt, und da einige neugierig waren wegen meiner gleichzeitigen bilateralen Versorgung, möchte ich nun einen ersten kleinen Bericht abliefern.
Zunächst noch mal die Vorgeschichte, für die Leute die mich noch nicht kennen:
Ich komme aus München, und bin 45 Jahre alt. Links entweder schon immer oder seit frühen Kindheitstagen taub. Rechts großer Hörsturz mit 14, danach kleinere Hörstürze, so dass ich jetzt nahezu völlig taub bin.
Vom Lebenslauf her sah es so aus, dass ich nach dem Hörsturz mit 14 gleich auf eine Schwerhörigenschule kam, auf der ich glücklicherweise Abitur machen konnte. Dann studierte ich Mathematik (wo die Professoren auch mehr an die Tafel schreiben als erzählen ) Und heute bin ich technischer IT Consultant.
Das Verstehen regelte ich im Studium/Beruf größtenteils mit Mikroport- bzw. FM-Anlage, wobei jederzeit meinen Leuten bewusst war, dass ich nur bei 4 Augen-Gesprächen alles verstehe und auf die Weise auch in das Berufsleben integriert war.
Ich hatte bereits früh CI Voruntersuchungen gemacht, schon 1997 in Dresden. Aber damals sagte man mir noch, dass ich „zu gut“ höre für ein CI. In den letzten Jahren nun wurde das Verstehen immer schlechter, so dass ich ernsthaft über eine CI Versorgung nachzudenken begann und mich dann im Frühjahr des Jahres, als das Audiogramm nur noch unten zwei Tieftöne anzeigte, auch dafür entschied.
Bei der Entscheidung für das CI in der Münchener Martha Maria Klinik, riet mir der Professor zur gleichzeitig bilateralen Versorgung, aus verschiedenen Gründen: weil ich auch links nichts zu verlieren hatte, und dann weil er glaubte, dass ich doch schon mal auf dem linken Ohr hören konnte und dann auch aus praktischen Gründen, weil man nicht noch ein zweites Mal ins Krankenhaus gehen muss. Anfangs war ich skeptisch, aber dann entschied ich mich nach längerem Abwägen doch für die gleichzeitig bilaterale Versorgung. Zum einen weil ich hier und in den Weiten des Internets von positiven Erfahrungen von CI Trägern mit ähnlicher Hörgeschichte gelesen hatte, zum anderen weil ich gerne nach dem Motto handle: Wenn schon, dann auch das volle Programm.
Links machte man in der Voruntersuchung den Promotoriumtest, der aber bis auf Stechen und Drücken nichts brachte. Die anderen Untersuchungen MRT/CT usw. lieferten aber eine gute Prognose.
Soviel zur Vorgeschichte.
Vor zwei Wochen war also die OP. Die Operation lief gut. Der intraoperative Test zeigte immerhin beim rechten ("guten") Ohr Resonanz, beim linken bisher nichts. Aber das muss noch nichts Endgültiges bedeuten.
Hatte nach der OP nur etwas Benommenheit, kleines bisschen Nasenbluten und Tinnitus(den bin ich zwar auch schon gewöhnt, mit Hörgerät konnte ich den aber besser ignorieren). Gesichtsnerven sind ok, nach einigen Tagen fing ein Teil der Zunge an taub zu sein. Das Lustige daran ist, das man dann quasi einen Stereogeschmack auf der Zunge hat. Z.B. bei Fruchtsaft, da schmeckt es wässrig und fruchtig gleichzeitig, ohne dass wie sonst beide Geschmackseindrücke zu einem verschmelzen.
Ich habe auch gemerkt, dass noch ein klein wenig Restgehör da ist, wenn ich gegen den Tragus des rechten Ohres drücke. Allerdings ist mit dem Hörgerät, und das ist wirklich stark, kein Ton mehr zu hören. Ich spüre dann nur ein Kitzeln am Trommelfell.
Kontrollröntgen brachte auch ein gutes Ergebnis: zwei fast symmetrisch zueinander stehende Spiralen .. sehr schöne Cyborg-Ästhetik
Das einzige was ich nicht so vertragen habe waren die Antibiotika, da war ich hinterher immer etwas benommen und kriegte auch Kopf- und Bauchweh.
Zu den von einigen von euch geäußerten Bedenken, dass man da sich beim beidseitigen Eingriff kaum auf die Ohrseite legen kann, will ich folgendes sagen:
In der ersten und auch noch in der zweiten Nacht nach der OP gab es in der Tat Probleme. Nicht das es groß schmerzte, aber unangenehm ist es, weil egal wie man liegt, die Haut wird eh zu den Narben hin „gespannt“. Ich denke mal, dass auch für die einseitig Versorgten diese erste Nacht nicht leicht ist.
Mit meinem Nackenkissen, dass ich vorsorglich mitgenommen habe, kam ich auch nicht so gut klar. Erst beim Röntgen kam die Erleuchtung. Ich sah dort ein Schaumkopfkissen(siehe Bild unten) mit Einbuchtung für den Kopf. Da ich nun eine große Birne habe, kann ich damit aber sehr gut auf der Seite liegen. Jedenfalls erlaubte mir die Radiologin so ein Kissen mitzunehmen. Damit konnte ich einigermaßen seitlich schlafen. Man kann sich ja auch immer Schmerzmittel geben lassen, das ist bei einem Krankenhausaufenthalt völlig OK.
Jedenfalls wurde ich nach drei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen. Fäden ziehen habe ich mittlerweile nach 10 Tagen auch hinter mir gebracht. Leider habe ich immer noch Schwindel, was auch am Wetter liegen kann. Auf alle Fälle warte ich nun gespannt, noch 20 Tage, im Reich des Rauschens auf die Erstanpassung und werde euch davon berichten.
Noch ein paar kleine Tipps für Möchtegern-Blechohren:
In den Hörzentren ist oft von schnell möglichen OP Terminen die Rede (2 Wochen oder gar schneller). Davon sollte man sich nicht beeinflussen lassen, in der Regel dauert ein OP Termin immer länger, zumal auch immer der operierende Arzt das letzte Wort hat.
Die meisten Hörzentren bieten zwar mehrere Fabrikate bei den CI an, aber es kann vorkommen, dass man aus Gründen der Krankenhauspolitik zu einem bestimmten Fabrikat „gelenkt“ wird, welches man vielleicht gar nicht haben möchte. Ich will damit jetzt nicht sagen, dass ein Fabrikat besser oder schlechter ist als andere. Das gibt es auch gar nicht, weil jedes Fabrikat seine Stärken und Schwächen hat, und jeder Mensch auf andere Dinge Wert legt. Aber auf alle Fälle sollte man sich hier immer selbst bei unterschiedlichen Einrichtungen(CI Verbände, CI Hersteller etc.) informieren und sicher gehen, dass ihr aus neutralen Informationen die richtige Entscheidung trefft.
Grundsätzlich schadet es sowieso nie Zweitmeinungen einzuholen und sich in anderen Kliniken zu informieren. Zu wenige machen noch von Ihrem Recht auf freie Arztwahl Gebrauch. Ich selbst habe nach einem festgelegten OP Termin noch die Klinik gewechselt.
Liebe Grüße
Frank
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