Nun bin ich ca. drei Wochen mit meinen zwei Med-El Rondo's "online" und ich mache so meine Erfahrungen, die ich einerseits sehr spannend und andererseits auch überraschend in ihren Auswirkungen finde. Mich würde natürlich interessieren, wie Ihr, sofern beidseitig versorgt, damit umgegangen seid. Und denjenigen, die noch auf das zweite CI warten, macht dieser Bericht vielleicht Hoffnung und - ganz wichtig - Vorfreude, die aufbauen und Mut machen soll.
Das rechte CI habe ich zwei Jahre zuvor (Januar 2013) implantiert bekommen, das Ohr war praktisch taub, und das seit knapp 40 Jahren. Einen ersten Erfolg im Freiverstehen konnte ich nach ca. einem halben Jahr feststellen, jedoch waren die Schritte sehr klein, auch in der folgenden Zeit. Parallel hatte ich eine zunehmende Schwerhörigkeit auf der linken Seite, die mit einem Widex Dream 400 halbwegs gut kompensiert wurde, nur das Zusammenspiel mit dem rechten CI wollte nie so recht voran kommen.
Das linke CI habe ich Anfang des Jahres (Januar 2015) implantiert bekommen, hier hatte ich eine starke Schwerhörigkeit, mit dem oben genannten Widex versorgt. Im November 2014 kam dann der Hörsturz, der dann das linke Ohr völlig ausser Gefecht gesetzt hat. Die Zeit bis zur OP und anschliessender Anpassung konnte ich nun mehr schlecht als recht mit HdO links und dem CI rechts überbrücken - aber das war eine ziemliche Qual für mich wie auch für meine Umgebung. Zumal mich der seit dem Hörsturz stark zunehmende Tinnitus wirklich zum Verzweifeln brachte, vor allem vor dem Einschlafen.
Die Erstanpassung des linken, zweiten Cis im Februar 2015, also vor ca. 4 Wochen, war dann die Erlösung: Ich konnte vom ersten Anschalten sofort Stimmen erkennen, nach einer Korrektur hat sich das sogar so weit gesteigert, dass ich links viel besser Sprache höre und vor allem verstehe, als jemals zuvor mit den Hörgeräten. Dies ist sicher dem Umstand geschuldet, dass das linke Ohr bis kurz zuvor noch recht aktiv war - und das Abenteuer begann.
Ich habe anfangs das rechte CI etwas heruntergeregelt, obwohl das ohnehin nicht sehr laut war, um dem linken Ohr mehr Trainingsmöglichkeiten zu bieten. Trotzdem stellte sich schon nach sehr kurzer Zeit ein Räumlichkeits-Höreffekt ein, ich konnte also von links nach rechts (oder auch umgekehrt) Richtunghören, das kannte ich seit ca. 40 Jahren nicht mehr so in dieser Form. Das war ein Genuss, ich bin also aufmerksam auf "Richtungshören-Pirsch" gegangen, um das auszukosten, darüber zu staunen und natürlich auch weiter zu trainieren.
Meine eigene Stimme ist auch leiser geworden, sagt jedenfalls meine Umgebung im Familien-, Freundes- und Kollegenkreis (ich bin seit vierzehn Tagen wieder im Beruf).
Was noch fehlte, war der geschlossene Höreindruck, also die gemeinsame, ausbalancierte Wahrnehmung beider CIs. Ich hatte das Gefühl, jedes Ohr einzeln zu hören und das war wahrscheinlich aufgrund der Unterschiedlichkeit der beiden CIs erst einmal normal. Nach den ersten Tagen stellte sich dann, vor allem kurz nach der 2. Anpassung (5 Tage nach Erstanpassung), plötzlich ein "Koppelungseffekt" beider CIs ein. Und hier kommt ein Effekt zutage, den ich sehr faszinierend finde: Trotz unterschiedlicher Lautstärke-Einstellungen rechts (bei gleichbleibender Lautstärke links, dem besseren Ohr) versucht das Gehirn immer wieder, beide Ohren auszutarieren, wahrscheinlich, um sich selbst die Arbeit zu erleichtern und weil das in der Natur auch so funktioniert (beide "Ohren" sind ja nur noch Deko und verhindern zumindest bei mir, dass die Brille herunterfällt, aber es ist einfacher in der Beschreibung). Ich vermute, dass bei einer ungleichmässigen, auf beiden Ohren unterschiedlichen Schwerhörigkeit die gleichen Mechanismen ablaufen, bis dies nicht mehr kompensierbar ist. Dann treten die bekannten Probleme wie Cocktailpartyeffekt usw. zutage ....
Wenn ich jetzt das linke CI ausschalte und nur mit dem rechten CI höre, dann hört sich das eigentlich recht dünn an. Aber beide CIs zusammen kommen jetzt so herüber, als ob das linke Ohr zum rechten Ohr sagt: "Komm, ich gebe Dir etwas von mir ab, dann hörst Du auch fast so gut wie ich und wir haben beide unseren Spass dabei..." Und das äussert sich auch darin, dass ich überhaupt keine Hör-Ermüdungserscheinungen mehr habe, egal, wie lange ich online mit meinen CIs bin. Durch den Wegfall des Verifizierungs- und Plausibilitätszeitraums (das Gehörte auf Richtigkeit prüfen, richtige Antwort finden) bin ich auch wieder spontaner geworden. Das ist ein riesiger Gewinn, aber ich will nicht übermütig werden .... es ist ein Geschenk.
Diese Woche, also Ende März 2015, habe ich nun beide CIs nachstellen lassen und jetzt kommt zu dem geschlossenen Höreindruck noch eine wesentliche Steigerung in der Natürlichkeit des Hörens hinzu. Ich bin also ziemlich glücklich derzeit und bin gespannt, wie das weiter geht.
Der Tinnitus ist auch weggegangen bis auf ein ganz schwaches Etwas, sogar offline, also ohne die beiden CIs zu tragen .... nach zwölf Jahren hätte ich das nicht mehr erwartet und ich hoffe, meine beiden Blechohren sorgen auch in Zukunft dafür, dass dies so bleibt.
Und die Musik? Da sammle ich noch Erfahrungen, aber soviel vorab: Sparsam orchestriert, Naturinstrumente und wenig Gesang, am besten Solo, also in Richtung Kammermusik ist für mich ein guter Einstieg bisher. Pink Floyd und Co. müssen noch etwas warten ....